Tod auf Wolke Sieben

Das Plattencover trügt nicht: Das eindrucksvolle Band aus rosa- und lilafarbenen Wolken, dieser bunt verwobene Wahnsinn - eigentlich liegt in diesem Bild bereits die ganze Wahrheit über cLOUDDEAD und ihr gleichnamiges Album verborgen.

cLOUDDEAD, das ist wieder eines dieser verstörenden Projekte aus der Bay Area, wieder einmal ein wirklich wegweisendes Signing auf Big Dada, dem HipHop-Sublabel von Ninja Tune, das uns auch schon Saul Williams, Gamma oder Roots Manuva bescherte. cLOUDDEAD, das sind Dose One, Why? und Producer Odd Nosdam. Ihr nun vorliegendes, selbstbetiteltes Debütalbum ist eine Zusammenstellung von sechs, teils sehr raren 10-Inches, die allesamt im Laufe der letzten drei Jahre erschienen waren.

Dabei ist cLOUDDEADs Version von HipHop auf den ersten Blick reichlich unspektakulär. Sphärische Ambient-Flächen wechseln sich ab mit extrem trockenen Beats, sehr gelassenen Flows und zerdehntem, mehrstimmigem Gesang, treffen sich in der Mitte und trennen sich wieder. Allein die collagenhafte Verknüpfung so disparater Musikstile wie HipHop und (Dark) Ambient, der vermeintliche Gegensatz zwischen entspanntem Klangfluß und Textzeilen wie "Beauty Is In the Dead Bolt", sechsminütige Epen, die kaum jemals in einem Stück durchlaufen - all dem kann man mit konventionellen Bewertungs- und Beurteilungsmaßstäben kaum gerecht werden.

Doch im Verlauf der Platte verschwimmen auch die letzten selbstgesteckten Grenzen; alles wird überdeckt von diesem merkwürdigen Wolkenband, Umrisse erscheinen nur noch vage und uneindeutig, alles geht ineinander auf. Es treten auf: der Junge mit dem Rasiermesser unter der Zunge, ein dreibeiniger Hund und noch weitere Geschöpfe aus einer Parallelwelt, aber die können wir nicht mehr erkennen. Sunset Is an All Day Process.

Das erinnert vom Style her auch schon mal an Bone-Thugs-N-Harmony, jedoch ohne deren Beliebigkeit, aber auch an Tortoise, Herbaliser, Last Poets oder an Kool Keith auf Novokain. Keine Ahnung, was diese drei Herrschaften einnehmen, keinen Schimmer, was und vor allem warum die das so zusammenzimmern und warum diese Musik so eine Wirkung ausstrahlt. Oder: Wie können die bloß derart gekonnt gleichzeitig diesen extrem zwingenden, beklemmenden Fluß entstehen lassen und trotzdem permanent Freiräume einbauen, die die innere Unruhe beim Hören aber nicht mildern, sondern im Gegenteil sogar noch zu verstärken imstande sind?

Etikettenschwindel? Kann, ja darf man das hier unter HipHop einsortieren? Denn einerseits sind cLOUDDEAD zwar HipHop-Kreisen zuzurechnen, andererseits ist das hier, was Lyrics und Instrumentals betrifft, doch so weit von der üblichen Definition entfernt wie nur möglich. Eher schon sind cLOUDDEAD dessen avantgardistischer Außenposten, ohne dabei aber einem aufgesetzten Kunstgestus anheim zu fallen. Ein erlesenes, wichtiges Album und vor allem eines: ganz weit vorn.

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