Pavarotti und Levine als Kreuzfahrer

In ihrer sommerlichen Produktionsphase warf die Decca kürzlich eine Neuproduktion von Verdis Frühwerk "I Lombardi" (auch als "Jerusalem" bekannt) auf den Markt.

Gemeinsam mit dem New Yorker Met-Ensemble und namhaften Solisten wie Samuel Ramey, Luciano Pavarotti, Richard Leech, June Anderson usw. entstand eine ebenso interessante wie hörenswerte Neuaufnahme dieser Oper.

Obwohl wieder die Gefahr besteht, in antiquierte Schwärmereien zu verfallen, muß festgestellt werden, daß Ramey, Levine und nicht zuletzt der Chor der Met die einzigen, wirklich herausragenden Retter der Aufnahme sind. Pavarotti ist auch sehr gut - aber sein langsamer, aber stetiger stimmlicher Abstieg wird nur allzu deutlich hörbar. Sein Timbre ist mittlerweile etwas fahl geworden, er schenkt sich bei dieser Produktion alle Spitzentöne; nur durch seine Gestaltung kann er der Partie des Orontes etwas Charakter verleihen.

June Anderson ist eine blasse, um nicht zu sagen fade Erscheinung, die mühsam ihre Stimme durch die Oper steuert, und Richard Leech, als Avino ihr Opern-Vater, zwar ein höhensicherer Tenor, aber um nichts weniger langweilig.

Grandios sind hingegen Samuel Ramey mit seiner markanten Baßstimme, dem man seine Opern-Persönlichkeit wirklich anhört, und James Levine, der das Metropolitan-Orchestra von New York sowohl hochdramatisch als auch hochmusikalisch leitet. Levine ist heute leider sehr unterschätzt und in Österreich viel zu selten zu hören.
Da "I Lombardi" Verdis größte Choroper ist, muß auch der hervorragende Met-Chor extra erwähnt werden, der gemeinsam mit Levine und dem Orchester eine wunderbare Arbeit abliefert, was heutzutage leider ebenfalls eine Seltenheit ist.
Insgesamt zwar eine nicht ganz homogene Neuerscheinung, aber trotzdem für Verdi-Fans eine der interessantesten Produktionen der letzten Zeit.

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