Blasierter Designer-Jazz

Die jüngste Veröffentlichung in der prestigeträchtigen "DJ Kicks"-Serie kommt aus dem Süden Deutschlands: Rainer Trüby und sein Trio bieten einen Exkurs in die Welt des sogenannten NuJazz, einem Genre, das den nostalgischen Spirit von Acid Jazz mit kontemporären Brazil- und House-Rhythmen unter einen Hut zu bringen versucht.

Als DJ zählt Rainer Trüby zu den Aushängeschildern der deutschen Acid-Jazz/NuJazz-Szene, ist regelmäßig Gast in diversen Clubs zwischen London und Berlin und hat irgendwann Mitte der 90er gemeinsam mit Michael Reinboth das Label Compost Records gegründet, für das er auch diverse Compilations zusammenstellte. Nebenbei betreibt er in Freiburg seinen eigenen Club namens Rootdown. Mit seinen Partnern Christian Pommer und Roland Appel (auch bekannt als Fauna Flash) liefert er gelegentlich Eigenproduktionen unter dem Namen Trüby Trio sowie Remixes für internationale Acts ab.

Nun erscheint auf dem renommierten !K7-Label die erste DJ-Mix-Compilation des Trüby Trios, die sich - wie könnte es auch anders sein - dem Club-Jazz in diversen Variationen widmet und eine interessante Momentaufnahme dieses Genres darstellt. Bei der Track-Auswahl haben die Herren Trüby, Pommer und Appel tief in ihren Plattenkisten gegraben und präsentieren neben eigenen Stücken eine Reihe wenig bekannter Titel von stilverwandten Künstlern wie Modaji, Block 16, Sequel, Voom Voom und Afronaught.

Im Gegensatz zu zahlreichen anderen Kopplungen im weiten Feld der Hintergrundberieselungs-Soundtracks liegt der Schwerpunkt bei Trüby Trios "DJ Kicks" eher auf flotten, tanzbaren Stücken. Dennoch läßt es sich dazu genausogut auf der Couch abhängen, denn allzu offensiv oder fordernd wird es nie. Was wohl auch eines der Hauptprobleme dieser CD darstellen dürfte: ein harmloser, glattgebügelter und gutbürgerlicher Sound, der gern mondän und weltoffen wirken möchte, in Wirklichkeit jedoch eher spießig daherkommt. Hier wird der Fusion-Ästhetik der späten 70er und frühen 80er Jahre die Stange gehalten - einer musikalischen Evolutionsphase, die mit ihren überladenen Arrangements und schmierigen Klängen zu Recht als wenig wertvoller Beitrag der Musikgeschichte ad acta gelegt wurde.

Das Neue an diesem NuJazz-Ding ist also höchstens die Aufbereitung. Brasilianische Rhythmen, House-Beats und sämiger Jazzfunk werden zu einer gefälligen Mixtur verarbeitet, die das Ohr vor keine großen Herausforderungen stellt und bestenfalls durch ihre Komplexität eine Differenz zu anderen tanzflurorientierten Musikstilen markiert. Oft wirkt das zwanghaft bemüht und verkrampft, als gelte es, um jeden Preis "Sophistication" darzustellen - ein Wort, das übersetzt sowohl für Kultiviertheit und Intellekt als auch für Blasiertheit und Verfälschung steht.

Für Freunde dieser speziellen Materie ist der "DJ Kicks"-Mix des Trüby Trios sicherlich eine wertvolle Ergänzung ihrer Sammlung; mehr als eine unmittelbare Bestandsaufnahme des "Sounds der Zeit" stellt sie jedoch nicht dar. Der Autor dieser Zeilen wagt zu prophezeihen, daß nach derlei Musik in ein paar Jahren kein Hahn mehr krähen wird.

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