Schlechte Kopien

Die 90er-Heroen des Rap-Metal sind wieder da - mit einer neuen CD und massenhaft darauf vertretener Prominenz. Aber haben wir ein neues Album von Biohazard wirklich gebraucht? Kurz und bündig: so eines garantiert nicht!

1990 war es, als uns Biohazard ihr erstes Album bescherten und mit ihrer Mischung aus Metal, Hardcore und Rap dem Crossover neues Leben einhauchten. Es folgten "Urban Discipline" und "State of the World Address", die das harte Ensemble aus Brooklyn zum Megaseller und Topact auf diversen Festivals Mitte der Nineties machten. Danach gab es Probleme mit der Plattenfirma, einige Besetzungswechsel und dementsprechend halbherzige Alben, die eigentlich keinen Hund mehr hinter dem Ofen hervorholten.

Wer sich etwas Neues oder gar Innovatives von Biohazard, Version 2001 erwartet hat, dürfte von "Uncivilization" herb enttäuscht werden. Beim Opener "Sellout" (ein Schelm, wer Böses dabei denkt) fallen einem unweigerlich die guten, alten Prong ein. Man könnte fast meinen, Tommy Victor (ehem. Leadsänger von Prong) hätte hier als Gast mitgewirkt. Und was der erste Song verspricht - nämlich das freche Kopieren anderer Bands - zieht sich üblerweise wie eine Schleimspur durch das gesamte Album. So klingt zum Beispiel "Gone" wie Soulfly für Arme, was durch die Mitwirkung von Igor Cavallera (Sepultura) schon beinahe komischen Charakter hat.

Bei "Last Man Standing" wiederum sprang man mit Hilfe von Sen Dog (Cypress Hill) ein wenig auf den Limp-Bizkit-Zug auf; und im Falle von "Hate Fuck Fight Kill" werden die Herren dann noch so richtig böse. Weil sie das selbst scheinbar nicht mehr so richtig hinbekommen, haben sie sich dazu den oberbösen Phil Anselmo von Pantera zu Hilfe geholt. (Nebenbei bemerkt: Einen so dümmlichen Songtitel läßt man heutzutage nicht einmal einer Schülercombo mit einem Durchnittsalter von elf Jahren durchgehen.) Bei "Domination" werkelt man mit Mitgliedern von den zur Zeit so hippen Slipknot, und - welche Überraschung! - das Ergebnis klingt auch genauso.

Jene Leute, die auf ein neues Lebenszeichen von Type O Negative gewartet haben, dürften sich über "Plastic" besonders freuen: Hier singt kein Geringerer als Pete Steele mit, und auch hier gilt die Devise: "Copy rulez." Mit "Cross That Line" setzen Biohazard aber noch einen drauf und klingen gar noch frech nach Therapy?; diesmal aber ausnahmsweise ohne fremde Mithilfe. Wenn sich zur Abwechslung ein Song tatsächlich als Biohazard zu erkennen gibt, dann klingt der auch nur wie ein Aufguß ihres Erfolgsalbums "State of the World Address".

Man kann durchaus erahnen, daß Biohazard noch das Zeug dazu hätten, eine wirklich gute Platte hinzulegen - und das ist die eigentliche Tragik an "Uncivilization". Danny Schuler zeigt nach wie vor, wo bei den Drums der Groove-Hammer hängt, die Gitarrenfraktion brettert gnadenlos, und die Herren Seinfeld und Graziadei sind des Shoutens auch heute noch ohne Abstriche fähig. Was sie aber hier abgeliefert haben, ist nichts anderes als ein Konglomerat von schlecht kopierten Songs. Schade drum, denn das haben sie nicht notwendig.

Passend zu diesem grottenschlechten Album ist auch das unglaublich "originelle" Cover, auf dem stramme junge Burschen in kurzen Lederhosen blond und blauäugig mit Biohazard-Fahnen in der Hand dastehen. Selten so gelacht - aber vielleicht handelt es sich ja auch nur um Pfadfinder.

Zur Zeit liegen noch keine Kommentare vor.