Von allem zu viel ist zu wenig

1995 machten sich neun schräge Vögel aus Iowa auf, um die (Metal-) Welt mit viel krankem Krach und schrillen Masken zu beglücken. Da sind sie nun wieder, die bösen Jungs, die sich selbst so gern "sick" geben. Als krank mag "Iowa" sicher durchgehen; ob man es aber wirklich braucht, wenn man den Vorgänger im Regal stehen hat, ist eine andere Frage.

Vor sechs Jahren hat man sich zusammengetan, präsentierte sich öffentlich nur in Masken und wollte der Welt einmal zeigen, daß auch aus einem Kaff wie Des Moines/Iowa fescher Metal kommen kann. Mit ihrem selbstproduzierten Debüt "Mate, Feed, Kill, Repeat" ist ihnen das zwar nicht so recht gelungen; nachdem Slipknot aber bei Roadrunner (u. a. Fear Factory, Sepultura, Type O Negative) unterschrieben und unter Ross Robinsons Fittiche genommen wurden, ging es richtig zur Sache. Daß dieser Mann ein Händchen fürs "Gröbere" hat, bewies er unter anderem bereits als Produzent von Bands wie Korn, Glassjaw, At The Drive In und Machine Head. Sein Einsatz für Slipknot hat sich für alle Beteiligten durchaus gelohnt, denn immerhin wurde das von ihm produzierte Album in den Staaten mit Gold und Platin ausgezeichnet, wovon Bands der härteren Gangart in unseren Breitengraden nur träumen können.

Jetzt ist "Iowa" also da - nach mehreren Neuauflagen des Vorgängeralbums wahrscheinlich von vielen Slipknot-Fans bereits heiß ersehnt. Willkommen geheißen wird man sogleich mit einer kleinen Lärmorgie namens "(515)". Mit dem Track "People = Shit" geht dann die typische Slipknot-Post ab, was auch nicht unbedingt anders zu erwarten war. Drums und Percussions böllern um die Wette, als gelte es neue Geschwindigkeitsrekorde zu brechen, fette Gitarren bahnen sich ihren Weg lautstark in die Gehörgänge, und #8 (Corey Taylor) brüllt sich förmlich die Seele aus dem Leib. Eine Melange, die sehr gut dazu geeignet ist, um seinem Nacken wieder den längst fälligen Muskelkater und dem Nachbarn einen kleinen Wutanfall zu verpassen. "Disasterpeace" schließt nahtlos an, und auch textlich machen Slipknot aus ihrem Credo "We Are So Sick!" kein Hehl. "My Plague" überrascht damit, daß #8 auch zu schönem Gesang fähig ist, der zwar verdächtig an Burton C. Bell von Fear Factory erinnert, aber nach dem ganzen Gegrunze, Gekreische und Gebrülle eine willkommene Abwechslung darstellt. Richtig interessant wird es bei "Gently", der in den ersten zwei Minuten in ganz untypischer Slipknot-Manier dahinkriecht wie ein Lavastrom und dabei auf Trommelgewitter, krankes Geschrei und Gitarrengefiepse verzichtet. Leider sind diese beiden Songs und das 15 Minuten lange Epos "Iowa" die Ausnahme vom slipknotschen Doublebassgewitter-Brüll-Gitarren-Einheitsbrei.

Das Fehlen jeglicher Abwechslung ist das eigentliche Manko an "Iowa". Auch nach mehrmaligem Durchhören bleibt kein Song so richtig in Erinnerung. Titel in der Qualität von "Wait And Bleed" und "Spit It Out" vom Vorgängeralbum, die sich einem sofort in den Gehirnwindungen festsetzten, sucht man auf "Iowa" vergeblich. Dazu setzen Slipknot der Härte ihres Vorgängeralbums und ihrem Image noch eines drauf. Es wird noch mehr gepoltert, noch mehr gebrüllt und in Form von noch böseren Masken auch noch grimmiger dreingeschaut. Leider gibt´s von allem einfach zu viel, wodurch das Ganze schon fast ein wenig ins Lächerliche abdriftet. Ein bißchen weniger und manchmal ein paar Gänge zurückschalten, das wäre hier mehr gewesen. "Iowa" ist nicht unbedingt schlecht, vermag stellenweise mitzureißen und ist dank Ross Robinson solide produziert. Jeder, der mit Metal (oder auch NuMetal) etwas anfangen kann, wird hier bestens bedient. Trotzdem ist es halt nichts wirklich Besonderes und daher nur Mittelmaß. Mal schauen, was da noch kommt.

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