Ein Trauerspiel

Eine erschütternde Katastrophe, eine sinnlose Vergeudung mehrerer Euro-Millionen, ein peinliches Armutszeugnis vergreister Kreativität, oder anders gesagt: "Jedermanns Fest".

Es gibt einen Schauspieler, der nach wie vor Österreicher und trotzdem weltberühmt ist: Klaus Maria Brandauer. Man sollte Leute dieses Kalibers hegen und pflegen, aber Fritz Lehner, dem Regisseur von "Jedermanns Fest", fällt nichts anderes ein, als alles daran zu setzen, ihn zu demontieren. Gut, Brandauer steht sicher über dergleichen, aber es ist trotzdem peinlich. Man sollte diesen Film daher vor der internationalen Fachpresse tunlichst verstecken. Sonst zeigen die mit dem Finger auf uns und lachen.

Jan Jedermann (Brandauer) ist ein weltberühmter Modeschöpfer im heutigen Wien (dies ist also ein Science-Fiction-Film). Er inszeniert eine künstlerisch ambitionierte Modenschau am Dach der Oper, während der er eine Zigarre raucht und sich über seinen Erfolg freut. Eine Modezarin aus Frankreich ist auch da, die ist irgendwie wichtig. Dann fährt Jedermann ein bisserl mit seinem Ferrari durch die Gegend, immer viel zu schnell. Ein Hund springt ihm vor die Haube, und Jedermann steuert seinen Wagen in eine OMV-Teerpfütze, versinkt und stirbt. Sein leeres Leben wird nun in Rückblenden nochmals aufgerollt. Das ist nur eine Variante, diesen Film zu deuten.

Jedermanns Sohn ist ein Jammerlappen, der sich keiner Frau auf den Bauch zu greifen traut (fragen Sie bitte nicht, den Sinn versteht keiner.) Jedermanns Parfüm "Tabu" (man ist sprachlos angesichts dieses kreativen Namens) ist ein Megaseller. Und ganz Wien ist mit seinen - wieder künstlerisch ambitionierten - Werbeplakate zugekleistert. Außerdem badet Jedermann permanent in einer Horde von Models. Die wollen nämlich alle sein "neues Gesicht" werden. Die Favoritin nennt sich übrigens "Cocaine". Nein, bitte gehen sie jetzt nicht, der Film läuft doch erst 15 Minuten, die besten 165 stehen noch bevor!

Reingelegt! Es wird mit jeder Minute nur öder und hirnrissiger. Am unerträglichsten sind die schauspielerisch völlig indiskutablen Kleiderständer, die ständig haufenweise in der Gegend herumstacksten und so stolz darauf sind, mit Brandauer gemeinsam auf Film verewigt zu werden, daß man bei jeder von ihnen das "Jetzt gehe ich nach Hollywood" in den Augen funkeln sehen kann. Die erbrämliche Wahrheit dahinter wäre, sofern jetzt und hier ausgebreitet, eine Mutmaßung. Denken Sie sich ihren Teil selbst.

Hiermit werden alle EVOLVER-Leser aufgefordert, sich "Jedermanns Fest" anzusehen - und wer den Film länger als eine Stunde durchhält (und dies auch beweisen kann, z. B. mit einer Nacherzählung der Geschichte, worauf wir extrem gespannt sind), der erhält ein kleines Geschenk von der Redaktion. Erwarten Sie aber nicht mehr als ein Streichholz.

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Journalismus oder Polemik?
(Club 77, 26.03.2002 11:21)

Re: Journalismus oder Polemik?
(Christoph Prenner, 04.04.2002 18:03)