Fortsetzung...

Die Geschichte klingt bekannt. Es scheint, als sei das "Auflegen" eine fast notwendige Entwicklungsstufe im Leben jeden Electro-Musikers. "Irgendwann - da habe ich schon eine Zeitlang als DJ gearbeitet - habe ich beschlossen, selbst Tracks aufzunehmen", erzählt Exile folgerichtig weiter. "So gesehen, war das DJing das beste, was mir passieren konnte."

Auch sein Weg zu Drum & Bass ist schnell erklärt: "Jungle habe ich erst später wieder entdeckt. Ich war in London und bin dort in einige echt gute D&B-Clubs gegangen. Und das war´s - da hat es mich erwischt." Zu diesem Zeitpunkt lernte er auch John B kennen, und wie es bei verwandten Geistern üblich ist, wurden sie Freunde und Partner. Die Konsequenzen aus diesem Zusammentreffen heißen "Fatal Exception" und "Undergrowth" (beide erschienen auf John Bs Label Beta Recordings) und markieren den Beginn einer vielversprechenden Karriere sowie das Aufkommen eines neuen Winds in der langsamer gewordenen D&B-Szene Englands. Wer die beiden Tracks hört, merkt sofort, daß hier etwas ganz Neues auf dem Plattenspieler liegt. Allerdings ist es nicht ganz einfach, zu erkennen und zu beschreiben, was dieses Neue eigentlich ausmacht.

Auch Exile kann seinen Sound nur schwer kategorisieren: "Mein Stil ist nicht eindimensional. Er hat einige vollkommen unterschiedliche Facetten. 'Fatal Exception' z. B. ist dark, düster, sehr hart und bekommt durch die vielen Filter eine zusätzliche dunkle Ebene. Das Stück ist sehr elektronisch mit einem technoiden Touch. 'Undergrowth' auf der anderen Seite ist zwar auch hart, hat aber einen sehr treibenden, uplifting Charakter. Ich weiß nicht, vielleicht kann man meine Musik am besten als erdig bezeichnen. Keine Ahnung..."

Mit Sicherheit weiß der Künstler aber, daß er einen neuen Sound kreieren möchte - etwas, das vorher noch nicht dagewesen ist: "Ich liebe es, zu samplen und mit den Sounds zu experimentieren, bis sie eine ganz neue Form angenommen haben. Ich möchte etwas mit zunehmender Substanz produzieren. Meine Tracks steigen an und enden, wo man es nicht erwartet hat. Ich spiele mit den Breaks. Ich will nicht, daß meine Sachen vorhersehbar sind. Sie sollen immer ein mysteriöses Element beinhalten. Du weißt nie, was kommen wird. Meine Sounds sollen anders sein - ganz einfach."

Auch im Musikbusineß hat jedoch alles einen Ursprung, eine Quelle. Liegt die Inspiration von Exile bei anderen D&B-Größen? "Mit Sicherheit", sagt er. "Da gibt es viele. Bei manchen ist es ihr Stil, bei anderen ihre Technik oder wie sie nach neuen Elementen forschen." Eines aber hebt er bei seiner Suche nach musikalischer Erkenntnis besonders hervor: "Großen Einfluß auf mein musikalisches Verständnis hatten die klassischen romantischen Komponisten, vor allem die Franzosen wie etwa Debussy. Es ist die ganz spezielle Art und Weise, wie sie an ihre Musik herangehen. Das ist sehr subtil, und man weiß nie, wo es hinführt. Ihre Werke drehen sich um das Unerwartete. Das ist ein Element, das man sicherlich auch in meiner Musik findet. Die Basis, das Grundelement in D&B ist sehr simpel und damit einfach zu entziffern; das orientiert sich primär an der Reaktion des Dancefloors. Für mich gab es in der klassischen Musik viel mehr zu lernen als in der elektronischen Dancemusic, da sie mehr Substanz und Komplexität in sich trägt."

Diese Philosophie manifestiert sich auch in der Musik von Exile ganz klar. Wer sich seine Tracks etwas genauer anhört, der wird feststellen, daß es sich um eine andere, neue Erfahrung handelt. Es wird klar, daß hier jemand am Werk war, der gezielt nach etwas Neuem sucht. Exile versucht Drum & Bass eine weitere, bisher unbekannte Dimension zu geben, ohne dabei aber in die experimentellen Niederungen des elektronischen Kunstgepiepses hinabzusteigen. Und was kann man von einem Musiker mehr erwarten (und auch wollen) als echte Innovation, die nicht nur den Intellekt entzückt, sondern auch ein emotionelles Erlebnis ist; etwas, das man auch gern hört?



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