Fortsetzung...

Doch die Europameisterschaft brachte auch positive Erkenntnisse: Man schaue sich nur einmal die Portugiesen an, die mit Kreativität und Offensivgeist beinahe die lässig-überheblichen Franzosen ausgebremst hätten und mit dem Halbfinale schon mehr erreicht hatten, als ihnen jeder Buchmacher vor dem Turnier zugetraut hätte. Bei den Brasilianern Europas merkte man, daß es ihnen egal war, wie viel oder wenig Geld sie für das Engagement in der Nationalmannschaft bekommen. Spieler wie Figo oder Nuno Gomes kämpften mit Herzblut, sie spielten besser als für ihre Vereine FC Barcelona und Benfica Lissabon. Zu den positiven Erscheinungen der Spiele in Holland und Belgien kann man ohne Zweifel auch die Rumänen zählen, die wieder einmal bewiesen, daß die arroganten Mitteleuropäer sie absolut zu Unrecht unterschätzen. Ihr "Superstar" Hagi stellte ihnen ein Bein; seine Undiszipliniertheiten versperrten der Mannschaft den Weg ins Halbfinale. Doch das Kurzpaßspiel und die technischen Qualitäten der Rumänen waren spielerisch das Beste, was die EM zu bieten hatte.

Frankreich und die Niederlande - eine Klasse für sich?

Selten waren sich die Experten vor einer EM so einig über die Favoriten wie in diesem Jahr. Weltmeister Frankreich und "Co-Gastgeber" Niederlande waren bei den Quoten gleichauf, dahinter kam lange nichts. In der Tat zeigten die beiden Mannschaften in der Vorrunde die mit Abstand besten Leistungen, allenfalls die schon erwähnten Portugiesen waren ähnlich stark. Das beste Spiel des Turniers verdanken wir denn auch "Oranje"; das 6:1 der Holländer im Viertelfinale gegen Jugoslawíen zeigte die Möglichkeiten der neuen "Tannebaumformation", die ihr Trainer Frank Rijkaard entworfen hatte.

Doch nur vier Tage später bewahrheitete sich das alte Lied von der Nervenschwäche niederländischer Mannschaften bei großen Turnieren. In der regulären Spielzeit gelang es ihnen nicht, die schon früh dezimierten Italiener zu bezwingen, obwohl den Niederländern zwei Elfmeter zugesprochen worden waren. Am Ende stand ein Elfmeterschießen, das die Italiener souverän für sich entschieden. Vielleicht war es auch der Mannschaftsgeist, der die Italiener so stark machte - immerhin brachten sie auch den amtierenden Weltmeister im Finale in Rotterdam zum Stolpern, doch gefallen sind die Franzosen nicht. Sie spielten wie in den Partien zuvor mit dem Esprit der Siegermentalität, vollbrachten immer genau so viel, wie nötig war, um weiterzukommen. Im Finale ließen sie sich bis zur 93. Minute Zeit, um den rettenden Ausgleich gegen die tapfer verteidigenden Italiener zu schießen. Trotzdem hatte man während des gesamten Spiels die Gewißheit, daß die Franzosen es schaffen würden. Diese Sicherheit, ihre beinahe arrogante Spielweise und der daraus resultierende kalkulierte Erfolg brachte ihnen zwar nicht viele Sympathien ein, aber erneut ein großes Maß an Respekt. Mehr noch, als Doppelgewinner (WM und EM hintereinander) gehen sie in die Annalen des Fußballs ein.

Nur Spekulanten diskutierten über den Ausgang eines möglichen Finales zwischen Frankreich und Holland. Daß es nicht dazu kam, zeigt auch, daß die beiden Teams eben nicht eine Klasse für sich bildeten.



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