"Playground" nennt sich eine neue DJ-Mix-Serie aus dem Hause XXX Records, das in jüngster Vergangenheit auf dem eigens ins Leben gerufenen Sublabel Ecco Chamber eine musikalische Kehrtwendung um 180 Grad vollzogen hat: Statt dumpfer Techno/Trance-Mixes von uninspirierten Zweitliga-DJs setzt man nun auf das vielversprechende Marktsegment Groove/Lounge/Easy Listening. On the controls auf "Playground Vol. 1": DJ Gü-Mix. Roman Schilhart berichtet.

Wenn der Name Gü-Mix fällt, denkt man erstmal an den montäglichen "Dub Club" im Wiener Flex, der für alle LiebhaberInnen von anspruchsvollen Grooves jeglicher Schattierung längst zur Institution geworden ist. Seit 1996 werken dort Sugar B, Sweet Susie und Gü-Mix gemeinsam mit hochkarätigen internationalen Gästen an den Plattentellern. Nicht nur das Ambiente des Clubs und dessen massives Soundsystem sorgen bei Besuchern und Artists gleichermaßen für Begeisterung, sondern auch die positiven Vibes sind legendär - ein Clubabend, der wie ein Familientreffen wirkt. Das mag auch daran liegen, daß sich montags zu später Stunde nur die wirklich interessierten, eingefleischten Musik-Connaisseure versammeln und man mit der Wahl der Location unangenehme Berührungen mit dem herkömmlichen Schicki-Micki-Publikum schon im Vorfeld ausschließen kann. Zudem läßt der musikalische Rahmen viele verschiedene Auslegungsformen zu, die von Reggae über Drum & Bass und HipHop bis hin zu House und Minimal-Techno reichen. Fest steht: der Groove ist immer mit im Gepäck. Und das ist schon die halbe Miete.

Schließlich ist Herr Gü-Mix auch kein Frischling im Geschäft. Musik begleitet ihn schon sein ganzes Leben lang. In frühen Jugendtagen weckte ein befreundeter Plattenladenbesitzer seine Leidenschaft für Soul, Funk und Jazz. Nun, mit 37 Lenzen, kann er auf gut zwei Jahrzehnte aktiver Beschäftigung mit Musik zurückblicken. Bereits in den frühen 80er Jahren drehte er in Lokalen wie dem Ring oder dem Donau schwarze Scheiben und schuf Schritt für Schritt das Fundament für seine DJ-Karriere. Zu seinen bemerkenswertesten Talenten zählt weniger das technisch perfekte Beat-in-Beat-Mixing, sondern vielmehr die Fähigkeit, aus unterschiedlichsten Styles eine Essenz zu destillieren, die abwechslungsreichen Hörgenuß garantiert. Die Twists & Turns in seinen DJ-Sets kommen oft überraschend, unerwartet, wirken im ersten Moment oft etwas planlos, ergeben jedoch in Summe immer eine faszinierende Kreuzfahrt zwischen Up- und Downtempo, elektronischen und natürlichen Sounds, Skurrilem und Vertrautem.

Natürlich weiß Gü-Mix ganz genau um seine Stärken und Schwächen, weshalb er auch gar nicht versucht hat, auf "Playground Vol. 1" einen konventionellen DJ-Mix abzuliefern. Neben seiner Tätigkeit im Dub Club sorgt er auf FM4 regelmäßig für die Sendereihe "Liquid Radio", deren Schwerpunkt auf Chillout-Sounds liegt. "Ich kaufe sowohl Platten für den Floor, als auch welche für daheim", erklärt Gü-Mix, dessen Vinylarchiv über die Jahre gewaltige Ausmaße angenommen hat. "Bei 'Liquid Radio' habe ich die Möglichkeit, jene Sachen zu spielen, die zum Tanzen nicht so gut geeignet sind. Bei der Auswahl für 'Playground' habe ich einen ähnlichen Ansatz verfolgt, also kein reines Club-Set zusammengestellt, wie ich es im Flex spielen würde, sondern einen Homelistening-Mix, den man immer hören kann, wo nichts Störendes drauf ist." Auf meine Frage, wodurch sich seine Mix-CD von den Hundertschaften anderer, gleichförmiger und -wertiger Tonträger zu unterscheiden vermag, hat Gü-Mix auch keine Antwort parat. “Ich bilde mir nicht ein, etwas zu können, was andere nicht können. Ich sehe die CD eher als Goodie für jene Leute, die mich schon jahrelang um Tapes anschnorren und denen ich noch immer keine aufgenommen habe", sagt er lachend. Soviel Bescheidenheit bringt zwar einen Sympathiebonus, aber man merkt, daß Eigenwerbung und Vermarktung nicht seine Sache sind.

Viel besser funktioniert die Koordination mit den befreundeten Künstlern, die als DJs oder Produzenten zur großen Dub-Club-Sippschaft gehören. So finden sich Stücke von Operator Spice, Stefan Mörth, Walkner & Möstl, Tosca, Urbz´n´Chaos und Peter Kruders Peace Orchestra auf "Playground Vol. 1" - jene üblichen Verdächtigen also, die auch immer wieder Platz hinter den Reglern beziehen. Der starke Bezug zur lokalen Wiener Szene ist unübersehbar und durchaus erwünscht, denn Sinn dürfte die Anschaffung dieser Mix-CD vor allem für jene Leute haben, die zur Klientel des Dub Club zählen und Herrn Gü-Mix als integren, geschmackssicheren Plattenaufleger kennen und lieben gelernt haben. It´s a family affair - und was zählt mehr, als sich im Kreise von Gleichgesinnten zu befinden? Dagegen verblassen letztlich auch die schneidigsten Marketing- und Sales-Argumente. Und in der Champions League der Mix-Compilations kann man, realistisch betrachtet, gar nicht mitspielen.

"Wenn sich die CD gut verkauft, ist das für mich positiv - wenn nicht, werde ich auch damit leben können", meint Gü-Mix gelassen. "Ich sehe 'Playground Vol. 1' aber nicht als Nebenprodukt meiner DJ-Tätigkeit, sondern als Ergänzung dazu." Aufgrund der problematischen Situation in Sachen Lizenzen, mit der kleine, unabhängige Plattenlabels wie Ecco Chamber ständig konfrontiert sind, mußten im Laufe der Produktion immer wieder Abstriche beim Tracklisting gemacht werden. Dennoch zeigt sich Gü-Mix mit dem Endergebnis recht zufrieden. Immerhin gibt es jetzt ein kleines Stück vom Dub-Club-Feeling als Konserve, was dem geneigten Konsumenten die Möglichkeit bietet, sich auch in den eigenen vier Wänden an handverlesenen Musikdelikatessen zu erfreuen. Vielleicht dient "Playground Vol. 1" sogar als Appetithappen für jene Menschen, die sich bislang noch nie zu einem montäglichen Besuch im Flex entschließen konnten? Ihnen sei empfohlen: Come, hear, see ... and join the family!



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gümix mail
(rodrod911@hotmail.com, 18.05.2006 15:52)