EVOLVER-Partylöwe Oliver Heiss brauchte zwar einige Zeit, um sich von den Strapazen des heurigen Lifeball zu erholen – doch nun hat er es endlich geschafft, seinen Abschlußbericht über diese exzessive Nacht nachzuliefern.

Murphy´s Law, jenes Gesetz, demzufolge der Frühstückstoast aufgrund mysteriöser kosmischer Kausalitäten prinzipiell immer auf die Marmeladenseite fallen muß, dürfte nach wie vor gültig sein. Warum sonst hätte es gerade zu Beginn der Modeschau (von Roberto Cavalli) zum diesjährigen Lifeball vor dem Wiener Rathaus zu regnen beginnen sollen, obwohl vorher den ganzen Tag lang schönes Wetter herrschte? Zwar waren die arbeitenden Models (jawohl, das ist ein richtiger Job!) einhellig der Meinung, daß der Regen auf dem Laufsteg eine wirklich coole Optik verursachte, lustig war die himmlische Flut aber trotzdem nicht.

Auch nicht für die Party-Berichterstatter, die das Rathaus einmal umrunden mußten, um völlig durchnäßt am Presseeingang anzukommen. Wer da auf einmal alles Journalist ist! Die hier wartende Menschenschlange war fast länger als jene am Haupteingang; man könnte fast annehmen, es gäbe mehr Berichterstatter als Berichtenswertes in den heiligen sozialdemokratischen Hallen. Welcher politischen Couleur man sich auch zurechnet - es gilt Bürgermeister Häupl jedenfalls Respekt zu zollen für seine geistige Offenheit/politische Klugheit, dieses doch recht extravagante Event in seinem Machttempel zu beherbergen.

Das Fazit der Veranstaltung sei an dieser Stelle gleich vorweggenommen: Der Lifeball 2001 war ein cooles, glamouröses und durch und durch gelungenes Ereignis. Zu Gast war die erwartete Mischung aus Szenemachern und -epigonen, Freiberuflern aus angeblich kreativen Branchen (Werbung, Mode, Medien, Marketing etc.), Schwulen (no na, auf einer AIDS-Charity), VIPs aus Politik, Wirtschaft und Kultur, ein paar echten Stars und sehr viel heimischer Semiprominenz (die, deren Bekanntheitsgrad hinter der Stadtgrenze rapide abfällt) sowie genügend Fußvolk, um ausreichend bewundernde Blicke für alle parat zu haben. Und ganz allgemein war auch das Niveau äußerlicher Ästhetik angenehm hoch; es gab Unmengen tiefausgeschnittener Dekolletés, langer Beine und clever betonter Pobacken zu bestaunen. Das Gros der Besucher hatte versucht, möglichst viel Extravaganz ins abendliche Outfit zu packen - auch wenn so mancher Frau anzusehen war, daß sie der zu Hause noch reichlich vorhandene Mut vor Ort schnell wieder verlassen hatte.

Bereits zum neunten Mal hatte sich Wiens Party-Avantgarde im Namen der guten Sache eingefunden. Das stolze Alter des Events war deutlich zu erkennen: Der erste Lifeball des Millenniums war nämlich nicht nur glamouröser und schöner, sondern auch um einiges größer als die vorangegangenen. (Traurig war nur, daß die exzessive Intimität der ersten Jahre wohl für immer vorbei sein dürfte...)

Bei einem Ereignis wie diesem bedeutet "größer" gezwungenermaßen auch "kommerzieller". Das ist jedoch nicht verwerflich, denn mit Coolness allein läßt sich nur bis zu einem bestimmten Punkt Geld verdienen (schließlich geht´s ja um den wohltätigen Zweck - wer´s vergessen hat); darüber hinaus sind dann Sponsoren und Masse gefragt. "Size does matter", zumindest im Jahre 2001. Was dabei herauskam, war eine an die Formel eins gemahnende Vermarktung mit Sponsoren-Logos sogar auf dem kleinsten Stück Altpapier und Miniaturfilialen der meisten unterstützenden Firmen, die ihren Nutzen aus der sonst nur selten so konzentriert auftretenden Triple-A++-Zielgruppe ziehen wollten. Aber auch Kommerzialisierung hat ihre (Erträglichkeits-)Grenze. Und wenn die Organisatoren nicht aufpassen, könnte aus diesem einzigartigen - und Wiens einzigem international relevanten - Zeitgeist-Event eine Messe für Oberschichts-Promotion werden, für die wohl kaum mehr jemand bereit wäre, eine kostspielige Samstagnacht zu opfern - von den verzweifelt auf "photo opportunities" hoffenden Halbpromis einmal abgesehen.



Zur Zeit liegen noch keine Kommentare vor.