Fortsetzung...

Daß sich Feuilletonisten und Frauengruppen über das Buch massiv empörten, sagt viel über die Niederungen literarischer Rezeption aus - liegt doch die Schwäche des Romans gerade in seiner (allzu) glasklaren, kritischen Ausrichtung, die die lautstarken Kritiker nicht zu bemerken schienen. Bevor wir uns mißverstehen: Natürlich kann die eisige Welt von slicken, karrieresüchtigen Wallstreet-Arschlöchern gar nicht genug denunziert werden, aber über Ellis´ gerechtfertigtes Anliegen hinaus blieb das Buch "American Psycho" blutleer (sic!) und langweilig. Außer dem endlosen Repetieren seiner zentralen Botschaft via Gewalt, Shopping und Mobbing kann und will der Thesenroman nichts bieten. Wo einen Ellroys "Silent Terror" (das ultimative Serienmörder-Werk) fiebrig in den Kopf des Killers hineinzieht, zum Täter und Komplizen macht, schürt Ellis auf Hunderten Seiten immer mehr und extremere Abscheu vor Patrick Bateman alias Mr. Kapitalismus himself. Wenn man das Böse in Kategorien einteilt, was einige Künstler und Philosophen auf spannende Weise versuchten, steht Ellroys Killer Marty Plunkett für das leidenschaftliche, obsessive Böse, und Bateman, der von Phil Collins und Visitenkarten schwärmt, für das leidenschaftslose, banale Grauen.

Ob man "American Psycho" nun schätzt oder nicht, auf der Leinwand macht sich das als unverfilmbar gehandelte Werk jedenfalls ganz gut. Nicht nur erweckt statt dem geplanten Babyface DiCaprio der großartige Christian Bale - demnächst in einer verwandten Rolle auch im "Shaft"-Remake zu sehen - die Yuppie-Fratze von Patrick Bateman kongenial zum Leben; Mary Harron, die im Vergleich zu manchen Kolleginnen von der Feminismus-Front sehr wohl die Message von Ellis kapierte, destilliert die endlosen Konsumexzesse des Börsenmaklers zu 90 Minuten schonungslosem Yuppie- und Macho-Bashing. Worauf die Regisseurin bewußt verzichtet, sind die umstrittenen "Stellen" des Buchs, nicht nur des notwendigen R-Ratings wegen, sondern auch um den Film nicht in die falsche Richtung zu lenken. An den Tötungs- und Verstümmelungsorgien (in drastischer Fehleinschätzung des Romans) delektierten sich ohnehin bloß Hardcore-Splatterfreaks und Typen, die ein ziemliches Problem haben dürften…

Der Film will nicht mehr und nicht weniger als eine bitterböse Sozialsatire sein; weniger schockierend, ekelerregend, abstumpfend als schonungslos-witzig - was, wenn man den mißglückten Schluß (dieser sei hier nicht verraten) und einige Handlungsdurchhänger abzieht, auch gelungen ist. Schönster Moment: Bale/Bateman nähert sich in seinem Luxusappartement grinsend und mit geschärfter Axt einem Opfer und erklärt dabei die Vorzüge des neuen Huey-Lewis-Albums. Die Banalität des Bösen, wie gesagt. Wer den Soundtrack und das Eighties-Setting dabei nicht abstrahieren kann, belügt sich selbst - ist doch unser aller Waren- und Bedürfnisuniversum seit der "decade of greed" noch gewaltiger angewachsen, und was damals hochexklusiver Besitz von Bateman & Co. war, von Sushi über Peelingmaske bis zu Home-Fitneßgerätschaften, dient heute als stinknormales Middle-Class-Konsumgut. Und ja, den Yuppie gibt es auch noch, getarnter, gefinkelter, noch fieser. Nur Phil Collins hat mittlerweile hoffentlich aufgehört, Platten aufzunehmen.



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