Fortsetzung...

EVOLVER: Wie entstehen die Stücke, kommt zuerst die Geschichte oder der Groove?
Kid Koala: Je nachdem - ich lasse dem Zufall viel Platz und versuche, so wenig wie möglich zu steuern. Manchmal beginnt es mit einer Melodie vom Piano, ich verwende dann zwei Exemplare der gleichen Platte und beginne zu mixen. Das nehme ich dann auf und höre es mir wieder an. Oft höre ich dann Dinge heraus, wie z. B. einen Streit oder einen neuen Rhythmus oder was auch immer! Wenn ich eine Geschichte im Kopf habe oder eine Szene darstellen will, durchsuche ich meine Plattensammlung nach passenden Sounds. Würde ich zum Beispiel die Autofahrt am Nachmittag vertonen wollen, würde ich eben nach Geräuschen von Motorrädern, Sicherheitsgurten und ähnlichem suchen, das alles zusammenmixen und mal schauen, wie sich das so anhört! Aufgenommen wurden alle Stücke des Albums live, das heißt, ich nehme also beispielsweise zwei Stück derselben Platte, mixe sie in- oder übereinander, sodaß man das Original nicht mehr erkennt, und dieser Mix geht direkt in das Mischpult. Dann folgt die nächste Schicht mit wieder zwei Exemplaren einer anderen Platte, und so weiter. Es sind auf jeden Fall immer nur zwei Plattenspieler!

EVOLVER: Gibt es bei soviel Fremdmaterial nicht rechtliche Probleme?
Kid Koala: Ich verwende sehr viel Material, für das sich die jeweiligen Künstler schämen würden, die Rechte einzufordern! Niemand würde auftauchen und sagen: "He, auf deiner Platte gackert ja mein Huhn, los, gib mir Tantiemen!" Außerdem sind die Samples alle sehr zerschnitten und verfremdet, das Album ist eben nicht melodie-, sondern eher humororientiert. Es gibt auf meiner Platte sehr viele komische Sounds und seltsame Leute, die dumme Dinge sagen.

EVOLVER: Wer ist Bullfrog und wie funktioniert die Live-Umsetzung?
Kid Koala: Bullfrog ist meine Band. Sie spielen seit 1992 mit mir zusammen, und es macht wirlich Spaß. Auf den bisherigen Tourneen war ich alleine unterwegs, und die Band ist jetzt eine wirkliche Inspiration für mich. Wenn ich alleine auflege, spiele ich eher Tracks, zu denen Leute tanzen können. Mit der Band hat die Sache jedoch richtigen Konzertcharakter, da der Plattenspieler dann mehr Musikinstrument und weniger Trickkiste ist. Anfangs war es natürlich schwierig, die Plattenspieler als Instrument in den Bandkontext zu integrieren. Aber wir forderten uns gegenseitig, und als wir zu proben anfingen, war es oft so, daß einer der Musiker sagte: "He, kannst du mal diese Note spielen?" oder "Diese oder jene Line wäre jetzt gut", und ich suchte solche oder ähnliche Noten oder Lines auf meinen Platten. Natürlich lege ich dabei viel Wert darauf, im Song zu bleiben, keine plakativen Gimmicks einzustreuen und eine harmonische Mischung zu erhalten. Diese Art zu arbeiten hat meinen Zugang zu Musik wirklich verändert und war sehr wichtig für mich; schließlich hatte ich mich davor nur auf die Plattenspieler konzentriert, wollte sie aber eben mehr als Instrument in die Band integriert wissen. Manche Live-Stücke sind auch um die Plattenspieler konzentriert, bei anderen funktionieren sie wiederum nur als Rhythmusgeber oder als Backing Vocal. In den meisten Fällen sind die Plattenspieler aber schon das zentrale Instrument.

EVOLVER: Spielst du auch ein anderes Instrument als die Plattenspieler?
Kid Koala: Seit ich fünf war, spiele ich Klavier - aber nicht live! Außerdem spiele ich jetzt eher mehr auf den Plattenspielern.

EVOLVER: Bekommst du viele Anfragen für Remixes?
Kid Koala: Nein, ich bekomme sehr wenige Anfragen, das liegt wahrscheinlich an meinem destruktiven Umgang mit fremder Musik! Ich hatte ein Angebot, für die französische Band Air einen Remix zu machen, und ich versuchte einige Zeit, den Song zu verändern, gab es dann aber auf, weil das Original einfach so hübsch war, daß ich es einfach nicht demontieren wollte! Das sollte mir einmal gelingen: mit dem Plattenspieler so zu scratchen, daß es traurig und berührend klingt und die Zuhörer zum Weinen bringt, wie ein guter Song.



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