PIA - Public Info Attack
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"Meinungen sind wie Arschlöcher", wußte schon Dirty Harry: "Jeder hat eins." Wer die seine öffentlich machen möchte, kann jetzt zumindest Teile von Graz damit beschallen. 03.11.2003
Ein Gespenst geht um die Welt: Ständig trifft man auf Menschen, denen dringend die Meinung gesagt werden müßte - aber keiner hat Zeit, am wenigsten Sie und ich. Statt ausgesuchten Einzeldamen am Kaminfeuer die Wahrheit über das Leben und Whitley Strieber ins Ohr zu glamourieren, müßte man ein größeres Publikum erreichen, eine ganze Stadt beispielsweise, auf einen Streich, mit einem Atemzug. Womit wir in der physischen Welt der Ameisen in Graz wären, und auf dem Internet-Broadway im Reich von "PIA".
Das Kürzel steht für "Public Info Attack" und ist eine Installation, die im Rahmen des Grazer "Local Task"-Projekts für die "Kulturhauptstadt Europa 2003" realisiert wurde. "PIA ist quasi der umgedrehte Orwell", sagt Tarek Al-Ubaidi (mit Anita Hofer und Martin Mair PIA-Erfinder). Die Idee klingt einfach: Über die PIA-Website können beliebige Sounds (im .wav- und mp3-Format) auf einen Server überspielt und zu einem beliebigen Zeitpunkt ausgestrahlt werden. Empfänger sind diverse öffentliche Anlagen in Graz sowie verschiedene Lokale, die von den unzensierten PIA-Botschaften beschallt werden. Ob es sich um selbstgereimte Liebesgrüße an den Erdkreis oder eine auf dem aktuellen Compostella-Topf-Angebot dargebotene Interpretation des Gefangenenchors handelt - Graz hört mit! "PIA ermöglicht es jedem, seine Message an die breiten Massen weiterzugeben", erklärt Tarek. "Es sind virtuelle Speakers Corner." Im Sommer wird das Publikum am größten sein, da auch die Freibäder im "Sendegebiet" von PIA liegen.
Zum Programmieren von PIA-Sendungen genügt ein Besuch auf der schlicht gehaltenen Website, deren Logo einen bewußten Kontrast zum "TIA"-Symbol der Amerikaner darstellt (Das Logo des "Total Information Awareness"-Programms zeigt eine im Weltraum schwebende Pyramide, deren leuchtendes Auge die Erde bestrahlt.) Wer keine PIA-Sendung verpassen möchte, kann selbst PIA-Knoten werden - dazu genügt die Installation eines Java-Programms vom Server (für Windows und Mac OS-X). Dann werden alle Sendungen per Internet automatisch auch auf den eigenen Computer übertragen und zum programmierten Zeitpunkt abgespielt. Internet-Cafés mit Breitbandanbindung könnten auf diese Weise etwas Abwechslung in ihr akustisches Hintergrundrauschen bringen; zu Hause kriegt man früher oder später einen Herzschlag, wenn um drei in der Früh plötzlich Sendebewußtsein aufkommt. PIA wird es übrigens auch dann noch geben, wenn der Rest von Graz ab 1. Jänner wieder nur noch zweitgrößte Siedlung in Österreich ist.
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