Musik_ I´m Not A Gun - Everything At Once

Virtuose Fingerübungen

Loop heißt übersetzt "Schleife". Und bei musikalischen Schleifen kommt es schon vor, daß man sich als Hörer nach dem x-ten Durchlauf zu langweilen beginnt. Vor allem, wenn die Hobbymusiker ihre Nummern etwas zu sehr schleifen lassen ...    19.05.2003

Eines gleich vorweg: Zum Chillen ist die Scheibe zu schnell. Da wird hektisch gezappelt und gebeserlt, gekonnt dargereicht von einem Quintett? Mitnichten, ein Duo versteckt sich hinter CCOs neuem Longplayer.

Da wäre John Tejada: Seine Diskographie ist zwar nicht so lang wie die Route 66, aber fast. Der routinierte kalifornische Soft-Techno-Produzent macht einmal Pause, trommelt, greift selbst in die Tasten und spielt ein bißchen Gitarre. Seinen Freund Takeshi Nishimoto spannt er hinter Gitarre und Baß - eine richtige kleine Jam-Session.

Und hier liegt genau das Problem: Für echte Improvisation fehlt beiden die Musikalität. Gut gestohlen ist auch gestohlen, und Tejadas notorischer Loop-Sound eliminiert jegliche Überraschung. Damit man das alles nicht so stark merkt, wird schnell sequenziert. "Jet Stream", der Opener, zeigt überdeutlich, wohin das gesamte Album zieht: Beschleunigung und Kurzlebigkeit. Die simplen Melodiekürzel, die lieblos mechanisch aneinandergeketten Loops werden spätestens nach dem fünften Hören langweilig. Dabei haben wir Elektroniker viel Geduld. Das Wenige wurde bombastisch und virtuos aufgenommen; wenn man nicht so genau hinhört bzw. leiser dreht, bleibt es ein ganz nettes Geplätscher.

City Centre Offices läuft mit solchen Outputs wirklich Gefahr, denselben Fehler wie das verwandte Label Morr zu begehen: nämlich unkritisch alles zu veröffentlichen, was gerade ins Portfolio paßt. Außerdem ist das LP-Cover diesmal wirklich häßlich. Goldene Buchstaben in brauner Suppe. Argh!

Ernst Meyer

I´m Not A Gun - Everything At Once

ØØØØ


 City Centre Offices (D 2003)

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