Musik_Metamatics - Mind Mushing Git

Die Farben des Herbstes

Der neueste Streich von Manchesters Elektro-Guru Lee Norris öffnet ein musikalisches Fenster in die Anderswelt: Klangmalerei mit Nostalgieeffekt.    08.09.2003

Vielleicht ist es ja wirklich so. Vielleicht ist das Leben tatsächlich ein langer ruhiger Fluß. Oder denken wir an ein Füllhorn voll ätherischer Harmonien. Oder einfach an Lee Norris aka Metamatics.

Klangmalerei und Programmusik sind ja nun wirklich nichts Neues. Worum es Lee Norris jedoch geht, ist der magische Schnappschuß, der Moment, in dem "alles so vertraut wirkt, daß es fast (wieder) fremd wird". Die Vermutung liegt nahe, derartige Kontemplation erreiche man nur beim Meditieren oder bestenfalls unter Drogeneinfluß. Womit jetzt nicht behauptet sein soll, Lee rauche schon zum Frühstück den ersten Ofen. Auch wenn die Namensgebung für typische Metamatics-Titel wie etwa "Giant Sunflowers Swaying in the Wind" den Verdacht durchaus erhärten könnte...

Spaß beiseite: Der gleichmütige Fluß der Melodien, die ambienten Schwingungen - fast fühlt man sich, wie in einem Proustschen Rausch, in die Kindheit zurückversetzt, als die Beeren noch fruchtig schmeckten und das nasse Laub im Morgengrauen duftete. Kaum jemand schafft es so elegant, acht- bis zehnminütige Kompositionen auszubauen, ohne in routinierte Loop-Langeweile zu verfallen. Schließt man die Augen und lauscht "Mind Mushing Git", dann öffnet sich ein Fenster und ermöglicht den Blick auf eine bessere Welt. Für einen Augenblick bricht die Sonne durch die grauen Wolken der Rezession. Und wessen Tanzbein bei solch knusprigen Beats das Wippen verweigert, der ist bei Norris Oeuvre sowieso fehl am Platz. Immer schon gewesen.

 

Ernst Meyer

Metamatics - Mind Mushing Git

ØØØØØ


Hydrogen Dukebox (GB 2003)

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