Musik_Mira Calix - Skimskitta

Soundtracks für einsame Seelen

Eine Frau geht ihren Weg - durch die finsteren Wälder gefundener Geräusche, die Melancholie nordischer Nächte und südlicher Sonnentage, durch die Männerwelt der Elektroniktüftler. Und sie erreicht ihr Ziel. Als Sieger.    14.04.2003

Mira Calixs zweites Album wurde im deutschen "De:Bug" zur Platte des Monats gekürt. Es ist trotzdem gut.

"Skimskitta" (eine Verballhornung des Namens der italienischen Filmstadt) führt uns eine gereifte, fast erwachsene Muse vor Augen: Mira Calix ist die weibliche Manifestation des Nonkonformismus. In einer ausschließlich von Männern dominierten Sparte steht sie gleich doppelt ihre Frau - zum einen als lebender Beweis dafür, daß sich Eigenständigkeit letzten Endes doch bezahlt macht, und zum anderen als Beleg für die gewagte These, daß dunkle Träume kein Geschlecht besitzen.

Mira Calix braucht keine Beats, um ihre Klangcollagen nachvollziehbar zu machen. Wir verstehen ihre Message sogar ohne Text: Die Isolation ist kein Dämon. Man muß ihr begegnen wie einem alten Freund, den man lange nicht gesehen hat: freundlich, aber mit Distanz und jener nordischen Kühle, die sich über weite Teile des Albums erstreckt.

Auf "Skimskitta" sind alle Stilmittel von früher wieder vereint, vom verschwommenen Kinderpiano ("Pousson") über knirschende Field-Recordings bis zum Warp-Markenzeichen der "found sounds". Auf die einzelnen Tracks der Platte einzugehen, ist weiter nicht nötig. Uns allen liegt noch der Vorgänger "One on One" (2000) wohlig in den Ohren. "Skimskitta" ist die logisch-konsequente Weiterentwicklung und Purifizierung dieses Werkes. Selten gingen Komposition, Stimmung und Klangbild eine so fruchtbare Symbiose ein wie hier. Besondere Empfehlung.

Ernst Meyer

Mira Calix - Skimskitta

ØØØØØ


Warp (GB 2002)

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Kommentare_

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