Pan American - Quiet City
ØØØØØ
Kranky (USA 2004)
Nach zweijähriger Pause legt Labradfords Gitarrist Mark Nelson sein bislang reiftstes Album vor: organisch-träumerischer Ambient statt IDM-Beats und Digital-Chic. 12.11.2004
Mark Nelson alias Pan American ist die kompositorische Kraft hinter den Postrock-Ikonen Labradford. Sein neues Album "Quiet City" belegt nicht nur diese Behauptung, sondern zeigt darüber hinaus, daß Nelson Labradford ganz alleine ersetzen könnte - und in Wahrheit auch kann. Das wäre übrigens eine mögliche Erklärung, warum Labradford seit vier Jahren Sendepause haben ...
Doch nicht nur Fans, die sich die Wartezeit auf ein neues Labradford-Album versüßen wollen, sei "Quiet City" empfohlen. Heimgekehrt auf sein Stammlabel Kranky, auf dem das erste Pan-American-Album "selftitled" 1998 erschienen war, wundert es nicht, daß Nelson nahtlos daran anschließt. Das bedeutet: echte Instrumente statt IDM-Schnipsel, Musiker statt Laptop, ade Dancefloor, ade Dub, willkommen in der kontemplativen Zone. Geblieben sind allein das statische Knistern und gelegentliche Elektronen-Entladungen, also die typischen Pan-Am-Stilelemente. Die CD-Edition von "Quiet City" wartet zudem mit einer DVD auf, die einen "Video Essay" beinhaltet, der von Mark Nelson und der Chicagoer Visual-Artistin Annie Feldmeier gedreht und geschnitten wurde.
Der Opener "Before", arrangiert wie ein klassisches Mantra, beamt uns an einen fernen Strand. Die Sonne geht auf, und Nelsons Geflüster streichelt einem Windstoß gleich das Schilf und kühlt unsere strapazierte Stirn. "Wing" vermittelt schimmernde Gleise in die Unendlichkeit. Ein Zug in großer Entfernung, kaum hörbar, bringt uns immer weiter in eine mäandernde Tonalität. Verhaltene Percussion wie Zuckerguß rundet "Wing" ab.
Zu den Drones und der klassischen Gitarre von "Inside Elevation" gesellt sich erstmals ein Upright Bass. Vielschichtig und warm - ein erster Höhepunkt. Titel wie "Skylight" klingen schon fast nach Programmusik. Wäre aber gar nicht notwendig: Wir liegen längst auf dem Rücken in der Wiese und verfolgen langsam dahinziehende Wolken. Die Stadt im Hintergrund verschwimmt und wird zur sanft rauschenden Kulisse, die hier durch David Max Crawfords Trompete konterkariert wird. Ja, das ist der Stoff, aus dem Tagträume gestrickt werden.
Als Anspieltip dient "Het Volk": Signaltöne einer "connecting machine" weichen arabesken Melodien, die längst vergessenen Jazzalben entlehnt sein könnten - oder liegt das an der gestopften Trompete? "Lights of Little Cities" schließt das Album und entläßt einen einsamen Highway in die Abenddämmerung, einen Vorboten des Herbstes.
Fazit: Nelson hinterfragt stets den Klang, die Harmonie an sich, der Analyse folgt Synthese. Reduzierte Instrumentierung, gewissenhafte Gitarrenarbeit, die den Rezensenten nicht nur einmal an Popol Vuh erinnerte, aber vor allem: so wenige Noten wie möglich. Der Rest sind Äonen (Raum/Hall). Eine wahrhaft ästethische Dialektik. "Quiet City" dringt wie eine duftende Sommerbrise durchs geöffnete Fenster und durchs Ohr direkt in unser Herz.
Pan American - Quiet City
ØØØØØ
Kranky (USA 2004)
Das Wiedersehen mit Bayerns Besten gerät auf deren sechstem Album zu einer sanften und melancholischen Reise ins Innere.
Die Ambient-Dub-Veteranen geben ein starkes Lebenszeichen von sich. Ihr vor einem Jahr exklusiv für den japanischen Markt erschienenes Album ist nun weltweit erhältlich.
Das mehr als zehn Jahre erwartete dritte Album des nach einer englischen Hafenstadt benannten Trios bietet alles mögliche - nur nicht das, was sich der ausgehungerte Fan erwartet hat ...
Trent Reznors neues Werk besteht aus 36 Instrumental-Songs, die über das Internet vertrieben werden. Trotz fehlenden Gesangs hört man deutlich, wer da an den Reglern saß.
Die Gründerväter des Gothic-Rock präsentieren nach 25 Jahren Pause ihr fünftes Studioalbum "Go Away White". Ernst Meyer begibt sich zu diesem Anlaß auf Zeitreise.
Zwischenstation Zugänglichkeit? Der neunte Longplayer der Herren Booth und Brown ist in 20 Sound-Miniaturen gegliedert, die man guten Gewissens Popsongs nennen könnte. Na ja, zumindest fast ...
Kommentare_