Horst Herrmann - Die Folter. Eine Enzyklopädie des Grauens
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Eichborn-Verlag (Frankfurt/Main 2004)
In seiner "Enzyklopädie des Grauens" liefert der Autor eine erschreckende Auflistung gängiger Foltermethoden. Von wegen im Mittelalter ausgestorben ... 22.11.2004
Laut der UN-Anti-Folterkonvention ist Folter jede Handlung, bei der Träger staatlicher Gewalt oder Private einer Person "vorsätzlich starke körperliche oder geistig-seelische Schmerzen oder Leiden" zufügen, um eine Aussage zu erpressen, einzuschüchtern oder zu bestrafen. Artikel 5 der Menschenrechtserklärung der Vereinten Nationen spricht ein deutliches Folterverbot aus: "Niemand darf der Folter oder grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe unterworfen werden." Im Artikel 3 der Europäischen Menschenrechtskonventionen, der am Gerichtshof der Menschenrechtskonvention geltend gemacht werden kann, wird das Verbot im gleichen Wortlaut wiederholt.
Daraus zu schließen, Folter sei ein historisches Phänomen, "schläfert das kollektive Gewissen ein und mindert die Wachsamkeit gegen die reale und omnipräsente Gefahr", schreibt Horst Herrmann im Vorwort seines im Eichborn-Verlag erschienenen Buches "Die Folter. Eine Enzyklopädie des Grauens." In vielen Ländern, vom Kosovo bis zur Türkei, werden Foltermethoden "als normal empfunden, und zwar nicht nur von Polizisten und Richtern, sondern auch von Verteidigern und sogar von den Gefolterten selbst." Auch die USA, die es bereits im Irak mit dem Folterverbot nicht so genau genommen haben, denken nun offiziell über eine Lockerung der entsprechenden Gesetze nach: Der Krieg gegen den Terror ist wichtiger als als humanitäre Ziele.
Im Vorwort definiert Herrmann in zehn Punkten die Unterscheidungsmerkmale des Menschen von der "gemeinen Kreatur", vom Tier. Technologische, kulturelle oder künstlerische Aspekte sind dabei zweitrangig: "Die Fähigkeit und die erklärte Bereitschaft, zu foltern und hinzurichten, unterscheiden den Menschen von den anderen Lebewesen auf diesem Planeten", schreibt der Autor und fügt hinzu: "Es finden sich kein Element (Wasser, Luft, Feuer, Erde), keine Ideologie, kein Werkzeug, die sich nicht zum Foltern und Töten hätten verwenden lassen. Der Körper des Menschen kennt kein Glied, für das kein eigenes Foltergerät erfunden und benutzt worden wäre und wird." Auf den folgenden 300 Seiten, einer alphabetischen Auflistung aller bekannten Foltermethoden von "Abhacken" bis "Zwangstracht" (nebst Beschreibung, Hintergrundinformationen und einer ausführlichen Bibliographie), tritt Herrmann den Wahrheitsbeweis für seine Behauptung an - was Pasolinis "120 Tage von Sodom" zur Kinderjause degradiert.
Den Verdacht einer gewissen Sensationsgeilheit wird das Buch allerdings nicht ganz los; nicht in einer Gesellschaft, in der Tod und Zerstörung alltägliche mediale Sensationen sind. Herrmanns sachliche und präzise Darstellungsweise, die kein Detail ausläßt, nährt diesen Verdacht zumindest - bis einem ins Unterbewußtsein sickert, daß da kein fiktiver Schrecken beschrieben wird, keine Gore-Szenen aus frühen Wes Craven- und David Cronenberg-Filmen, sondern reale Dinge, die zum Teil heute noch praktiziert werden. Dann schaut man direkt in die dampfenden Wunden, und auf Seite 390 weiß man, daß sich jeder Mensch mit Blut beflecken kann, und daß es immer Leute geben wird, die - mit einer hauteng auf den Lippen sitzenden Rechtfertigung - auch bereit sind, es zu tun.
"Geschichte ist ein Alptraum, dem keiner von uns entrinnen kann", heißt es in C. G. Jungs "Odysseus." Die lange und anhaltende "Tradition" der Folter ist einer von vielen Beweisen.
Horst Herrmann - Die Folter. Eine Enzyklopädie des Grauens
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Eichborn-Verlag (Frankfurt/Main 2004)
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