Fortsetzung...

"Horror-Meister" Nakata kreiert eine Atmosphäre, die sich immer mehr verdichtet, je weiter das Geschehen fortschreitet. Irgendwann hat er den Zuschauer schließlich so in seinen Bann gezogen, daß ihm am Höhepunkt der Story (den wir hier nicht verraten wollen) vor Angst fast das Herz stehen bleibt. Sadako selbst ist dabei in Nakatas Version mehr Monster als Mensch. Nie sieht man ihr Gesicht vollständig, stets nur die rotumrandeten, blutunterlaufenen Augen; der Rest ist von ihrem langem, schwarzen Haar bedeckt (ein fast schon traditionelles Motiv, das auch in Klassikern wie beispielsweise "Kuroneko" oder "Kaidan" verwendet wurde).

Fortsetzungs-Chaos

Genauso interessant und verblüffend wie der Film selbst ist auch seine Release-Geschichte. Als "The Ring" 1998 schließlich den Weg in die japanischen Kinos fand, wurde er gleich als Double-Feature mit dem Sequel "The Spiral" gezeigt - oder mit dem anderen seiner Sequels. Denn die von Iida Jouji inszenierte, auf Suzukis Roman "Rasen" basierende Fortsetzung konnte sowohl das Publikum als auch die Macher des ersten Teils nur bedingt zufrieden stellen, und so entschloß sich Nakata Hideo 1999, sein eigenes Sequel "Ring 2" zu drehen.

In Iidas "Spiral" findet sich die Leiche Takayamas auf dem Autopsietisch seines Freundes, des Arztes Ando Mitsuo, wieder. Dieser entdeckt nach kurzen Halluzinationen, daß Takayama an einer krebsartigen Krankheit gestorben ist. Als die Journalistin Asakawa mit ihrem Kind schließlich bei einem Autounfall ums Leben kommt, erhält er Zugriff auf ihre Notizen und erfährt so von der düsteren Vergangenheit Sadakos. Gemeinsam mit Mai, einer befreundeten Studentin des verstorbenen Takayama, wird er immer tiefer in die seltsame Geschichte verstrickt und kommt schließlich zu dem Ergebnis, daß sich Sadakos DNS auf dem Video befand und sich so von Mensch zu Mensch übertragen konnte, bis Sadako schließlich wiedergeboren wurde.

Nakatas Sequel "Ring 2", das stilistisch deutlich am Vorgänger orientiert ist, versetzt dem Zuseher im Gegensatz zum eher vor sich hinplätschernden "Spiral" gleich zu Beginn den ersten Schlag in den Magen, als man erfährt, daß Sadako nicht durch den Sturz in den Brunnen getötet wurde, sondern dort unten noch weitere 30 Jahre vor sich hinvegetieren mußte. Diesmal verbündet sich Asakawa Reiko mit Mai, und die beiden versuchen, das Unheil von sich und dem Rest der Menschheit abzuwenden. Denn Sadakos Geist dürstet immer noch nach Vergeltung und benutzt nun Reikos Sohn Yoichi, um sich zu rächen.

Obwohl beide Filme handlungsmäßig direkt ans Ende von "Ringu" anschließen, könnten sie nicht gar nicht verschiedener sein. Vielmehr präsentieren sie uns zwei Paralleluniversen, in denen sich die Handlung komplett unterschiedlich weiterentwickelt (die Jungs von der Enterprise hätten ihre helle Freude daran). Während Iidas Fortsetzung von der Machart her eher einem konventionellen Horrorfilm gleicht, war Nakatas Weiterführung der Geschichte Sadakos genau das, was man sich von einem "Ring"-Sequel erwartete: eine atmosphärisch dichte Erzählung, der es gelang, ihren Vorgänger im nachhinein noch grausiger wirken zu lassen.

Nach dem Erfolg von "The Ring", den Sequels und verschiedenen davon inspirierten Fernsehserien fühlten sich zahlreiche andere Produktionsfirmen berufen, auf der neuen Psychogruselwelle mitzusurfen. Die Ergebnisse reichten von erbärmlichen Nachahmern über amüsante Versuche bin hin zu wirklich originellen und innovativen Kinowerken.

Doppelt hält besser

Zu den gelungensten Ausgeburten der japanischen Horror-New-Wave zählt sicherlich "Uzumaki". Regisseur Higuchinsky, der im übrigen schon an der "Eko Eko Azarak"-TV-Serie beteiligt war, gelang mit der Verfilmung des gleichnamigen Mangas aus der Feder Itou Junjis ein fast schon surrealistischer Geniestreich, der bis dato seinesgleichen sucht. Alles dreht sich um die Kraft der Spirale oder der Lebensschleife, wie man sie auf einem Schneckenhaus findet. Krankhafte Obsessionen gehen hier mit absurden Ideen und einer gesunden Prise Phantastik Hand in Hand.

Die für den Verleih zuständige Firma Toho entwickelte in Bezug auf Horrorfilme scheinbar einen richtigen Tick für Doppelvorstellungen - wie schon bei "Ring" und "Rasen" startete auch "Uzumaki" im Doppelpack mit dem bemerkenswerten "Tomie"-Sequel "Replay", das ebenfalls auf einem Manga Itous basiert. Letztes Jahr servierte man schließlich das bislang letzte Horror-Double-Feature mit "Ring Zero", dem Prequel zu "Ring", und "Isola: Persona 13". Beide Filme sind jedoch nicht als unbedingt sehenswert einzustufen. Besonders der von Tsuruta Norio inszenierte "Ring"-Vorgänger, der uns Sadakos Vergangenheit näher bringen sollte, erwies sich als Enttäuschung, ähnelte er doch im Vergleich zu "Ringu" einer Mischung aus "Carrie" und einem x-beliebigen Slasher-Movie. Vom ursprünglichen Grauen war nicht mehr viel zu entdecken. Mizutanis "Isola" schneidet da schon besser ab. Ganz abgesehen davon, daß man darin Kurosawa Akiras Enkelin Yuu als Schauspielerin begegnet, kann die Story rund um die Telepathin Yukari und die an multipler Persönlichkeitsspaltung leidende Chihiro (Kurosawa Yu) durchaus unterhalten.

Hypnotisiert

Erwähnt sollte an dieser Stelle wohl auch Ochiais "Hypnosis" werden - ein Film, der das Motiv des Mesmerismus einsetzt und damit gekonnt für Gänsehautstimmung sorgt. Ochiai Masayuki, bei uns primär durch seinen Fantasy-lastigen Streifen "Parasite Eve" bekannt geworden, widmet sich in seinem durchaus gelungenen Film "Saimin" (so der Originaltitel) den Auswirkungen der Hypnose und schafft es trotz mancher Plot-Ähnlichkeiten zu Kurosawa Kiyoshis "Cure", einen eigenständigen und durchwegs faszinierenden Schocker abzuliefern. Kurosawas neuester Film "Kairo" wiederum geht storymäßig noch einen Schritt weiter als Nakatas "Ring"; während Nakata das Medium Fernsehen/Video geschickt als todbringendes Schreckensmittel einsetzt, verläßt sich Kurosawa bereits auf das Internet. Horror goes digital, sozusagen.



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