Fortsetzung...

Als eher katastrophale Auswüchse der "New Wave of Horror" sind dagegen die beiden Filme "Crazy Lips" und "Iki-Jigoku" anzusehen. Während Hirohisa Sasakis "Crazy Lips" sich wenigstens damit begnügt, den ahnungslosen Zuschauer eineinhalb Stunden zu langweilen, überschreitet der gute Herr hinter der Höllenkamera mit seinem eher grausigen Sadistenspektakel " Iki-Jigoku" die Grenze des guten Geschmacks. Wer allerdings an Hongkong-Cat.-III-Reißern à la "Daughter of Darkness", "Red to Kill", "Passionate Killing in a Dream" oder der japanischen "All Night Long"-Trilogie Gefallen gefunden hat, kann sich sicherlich - trotz qualitativer Unterschiede - auch darüber köstlich amüsieren.

Insel der Toten

Zum Abschluß dieser Reise durch das japanische Reich des Grauens sollten noch zwei Titel näher erwähnt werden: der anfangs angeführte "Another Heaven" von Iida Jouji sowie Nagasaki Shunichis "Begleitwerk" zu "Ring 2": "Shikoku".

"Another Heaven" gehört wie "Uzumaki" zu den Highlights des jungen Genres. Angesiedelt irgendwo zwischen Kurosawas "Cure" und Jack Shoulders "The Hidden", kann Iidas blutige Fabel rund um ein futuristisches Killerwesen mit Hang zur Philosophie, das sich in den Köpfen der Menschen einnistet, trotz gelegentlich fehlender Spannungselemente begeistern.

Der etwas ältere Film "Shikoku" hat im Gegensatz dazu mit futuristischem Hokuspokus nicht viel am Hut. Shikoku (eine der vier japanischen Hauptinseln) bedeutet übersetzt soviel wie "Land der Toten". Im Laufe der Zeit wurde jedoch das Kanji für "Tod" mit dem Kanji für "Vier" getauscht, was sicherlich einen recht positiven Effekt in Sachen Tourismus brachte. Gemäß der alten Bedeutung geht es in Nagasakis schaurig-schönem Werk aber naturgemäß um die Verstorbenen.

Hinako kehrt in "Shikoku" nach Jahren in ihr Heimatdorf Yaku zurück. Dort muß sie erfahren, daß ihre ehemalige Jugendfreundin Sayori vor langer Zeit ertrunken ist. Zwischen ihr und Sayoris damaligen Freund Fumiya entwickelt sich eine zarte Romanze, bis es plötzlich zu mysteriösen Zwischenfällen kommt. Familien werden von den Geistern ihrer verstorbenen Verwandten heimgesucht, heilige Stätten geschändet. Schuld daran ist nur Sayoris machtbesessene Mutter, die ihre Tochter ins Reich der Lebenden zurückholen möchte. Doch als ihr dies letztendlich gelingt, muß sie feststellen, daß Sayori ziemlich sauer ist.

Stilistisch ist Nagasakis "Shikoku" zwischen populärem "Ring"-Psychohorror und traditioneller "Kaidan"-Story angesiedelt. Statt jedoch einen mit Klischees überladenen 08/15-Hybriden zu liefern, erschafft Nagasaki eine Welt, in der im Gegensatz zu Nakatas düsteren Balladen Platz für Emotionen ist und noch ein wenig Hoffnung besteht.

Bleibt letztendlich nur die Frage offen, wie lange dieses "Horror-Revival" wohl noch andauern wird bzw. ob es den daraus hervorgehenden Filmen gelingen wird, den Zuseher weiterhin ins Land der Alpträume zu entführen, ohne dabei ins Nichtssagende abzudriften. Man darf gespannt sein.

PS: Ein Zombie steht im Walde…

Auch Kitamura ("Down to Hell") Ryuheis letzter Streich "Versus", der bereits Anfang des Jahres beim Kölner "Cine Asia"-Festival für Aufsehen sorgte, wird im Rahmen des "Restless Souls"-Specials der Viennale gezeigt und bietet als durchgedrehter Low-Budget-Streifen einen netten Ausgleich zum restlichen Psychopathen-Programm.

Fade in: irgendwann in der Vergangenheit. Ein Samurai ist von einer Horde böser Buben umzingelt. Mit gezücktem Schwert entledigt er sich innerhalb weniger Sekunden auf blutige Weise der ganzen Bande, steht dann jedoch einem düster aussehenden Mönch gegenüber, der ihn ebenso blitzschnell über den Jordan befördert. Schnitt/Vorspann/Gegenwart: Zwei entflohene Sträflinge warten in einem finsteren Wäldchen auf ihre Kontaktmänner. Als diese schließlich im Wagen angefahren kommen und sich als coole Yakuza entpuppen, die mit Freude junge Frauen entführen, kommt es zu einer Auseinanderssetzung zwischen dem Anführer der illustren Gruppe und dem Protagonisten, bei der ersterer dran glauben muß. Bis zu dieser Stelle bewegt sich die Handlung von "Versus" noch im halbwegs realistischen Bereich - doch als sich der erschossene Gangster wieder vom Boden erhebt, weiß man gleich, was es geschlagen hat: It´s Zombie Time!

Was folgt, sind knapp zwei Stunden wüsteste Slapstick-Action, bei der weder mit Kunstblut noch mit exzessivem Steadycam-Einsatz gespart wurde. Visuell hochstilisierte Schießorgien, Martial-Arts-Sequenzen mit eindeutigem Hongkong-Touch sowie die gekonnte Einarbeitung sämtlicher Action-Klischees (vom langen Ledermantel bis zur Sonnenbrille) sorgen dafür, daß die Freude beim einschlägig veranlagten Publikum kaum zu bremsen ist. Vor allem die massiv überhöhte Darstellung des verrückten Chinpira durch Matsuda Kenji sowie die grandios komischen Einlagen von Giftzwerg Nummer eins, Matsumoto Minoru, brennen sich dem Zuseher unweigerlich ins Gedächtnis ein.

Da stört es auch nicht weiter, wenn der rote Handlungsfaden irgendwann zugunsten ausgefeilter Action-Sequenzen und absurd-witziger Dialogszenen verloren geht. Kitamura greift in "Versus" die alte Höllenwald-Thematik seines Erstlings "Down to Hell ("Evil Dead" meets "Last House on the Left") wieder auf, um sie in einem abendfüllenden Spektakel neu und mit jeder Menge Spaß aufzuarbeiten. "Versus" ist ohne Zweifel alles andere als anspruchsvolles Cineasten-Kino, doch sollte das wirklich niemanden daran hindern, sich an dieser zweistündigen Tour de Force zu ergötzen. Man darf schon jetzt auf Kitamura Ryuheis nächstes Projekt - die Manga-Verfilmung "Alive" - gespannt sein.



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