Platten_The PunkVoter: "Rock Against Bush"

Off With Your Head, Mr. Bush

Kaum finden sich Springsteen & Co zusammen, um gegen Bush zu rocken, überschlagen sich die Medien. Aber es sind ausgerechnet Punkbands, die hier die Nase vorn haben.    26.08.2004

Das gefällt dem Bush jun. zwar nicht, aber es geschieht doch: Immer mehr Künstler stellen sich gegen die Politik des republikanischen Präsidenten. Hatten anfangs nur Bands wie die Dixie Chicks Stellung gegen ihn bezogen und sich nach diversen Sanktionen entschuldigen müssen, so haben in letzter Zeit auch andere Musiker immer weniger Skrupel, gegen Bush Stellung zu beziehen. Zu groß ist die Front gegen den bösen Tolpatsch geworden, als daß man jede kritische Meinung unterdrücken könnte.

Ausgerechnet die von der konservativen Öffentlichkeit als Trunkenbolde und Anarchisten verschmähten Punks engagierten sich von Anfang an gegen Bush. Die Bands, Musiker und Labels dieser Szene leben seit jeher abseits des Mainstream ganz gut und hatten mehr als nur einmal Probleme mit der öffentlichen Meinung. Unter ihnen finden sich auch Bands wie Anti-Flag, deren letztes Album wegen seines für europäische Verhältnisse unspektakulären Covers nicht bei Wal-Mart verkauft werden durfte - weil es ein Mädchen mit einer Waffe in der Hand zeigt. Die (sowohl Mädchen als auch Waffen) darf man in Amerika zwar zu Hause haben, aber bloß nicht abbilden ...

Derart krude amerikanischen Moralvorstellungen gab es schon immer, doch sie wurden noch übler, als Bush flapsig das Ruder übernahm. Die Weltöffentlichkeit weiß um seine Kriege in Afghanistan oder gegen den Irak, aber es gibt auch innenpolitisch einiges zu bemängeln. So setzte er beispielsweise eminente Steuererleichterungen für die Reichen durch oder ließ wegen der kalifornischen Waldbrände einfach die Wälder abholzen, um die Feuergefahr einzudämmen. Ganz zu schweigen davon, daß die USA heute mehr denn je dem Staat aus George Orwells "1984" gleichen als jedes andere Land der Welt.

 

Gegen derartige Machenschaften mobilisierte sich unter der Führung von Labelboß Fat Mike (im Bild links mit seiner Band NOFX) eine Koalition aus Bands und Labels. Sie alle sind vorwiegend im Punk angesiedelt und nennen sich diesem Umstand entsprechend "PunkVoters". Mit umfassenden Tourneen ziehen die Speerspitzen der Bewegung - Bands wie wie Anti-Flag, Bad Religion, NOFX, die Dropkick Murphys und viele andere - durch die Staaten, um gegen Bush zu rocken. Damit Fans, die nicht auf ihre Konzerte gehen können, wie auch Punk-Liebhaber anderer Länder in den Genuß dieser Aktion kommen können, bringt das Label Fat Wreck Records die "Rock Against Bush"-Compilation heraus, auf der sich nicht nur Punkbands wie The Ataris, Pennywise, Sugarcult, Rancid, die Folkpunk-Durchstarter Flogging Molly oder Social Distortion vereinen, sondern auch Stars wie Ministry, die deutschen Donots, die Foo Fighters oder No Doubt.

Diese Koalition versucht, die Öffentlichkeit aufzuklären und Wähler gegen Bush zu mobilisieren. Mit Musik, die eigentlich jedem gefallen sollte, einen sie die Jugend in Amerika und versuchen sie zu aktiver Gesellschaftspolitik zu überreden - und sei es nur in Form eines Gesprächs mit Freunden. Punk war ja, trotz der Annahme, diese Typen mit den komischen Frisuren seien alles Anarchisten, stets eine Speerspitze politischer Meinungen und Aussagen in der Musik.

Schön, daß wir all das auch in Europa genießen dürfen. Vor allem durch die beiden CDs "Rock Against Bush Vol. 1 & 2", die nicht nur mit interessanten Informationen im Booklet aufwarten können, sondern auch auf Bonus-DVDs zahlreiches Zusatzmaterial bieten.

 

Milan Knezevic

V/A - Rock Against Bush Vol. 1

ØØØ 1/2


Fat Wreck/edel

(USA/19. 4. 2004)

 

"This compilation is not about 'Let´s be Punkrock and hate the government'; it´s about 'Let´s be Punkrock and change the government'." So heißt es auf der Rückseite der Doppel-CD, die aus 26 Tracks besteht, von denen zahlreiche noch unveröffentlicht oder rar sind. So verschieden, wie die Menschen in den Staaten sind, so vielfältig sind auch die Künstler, die hinter der Idee von Fat-Wreck-Boss Mike stehen. Teenie-Lieblinge Sum 41 steuern ebenso ihren Beitrag bei, um die Regierung musikalisch per Arschtritt aus dem Weißen Haus zu jagen, wie die Pop-Punker New Found Glory, The Ataris oder seit jeher politisch aktive Bands wie Anti-Flag.

Das Alkaline Trio begeistert mit dem melancholischen "Warbrain", die Ataris covern den Bad-Religion-Klassiker "Heaven Is Falling", Sum 41 können auch ernsthaft sein und präsentieren sich entsprechend in "Moron", und die legendären Descendents schaffen mit "Sad State of Affairs" mehr einen Pop- denn Punkrock-Song.

Schlecht machen ihre Sache The Offspring, und auch der alte Hase Mike Ness und seine Social Distortion sind nicht ganz auf der Höhe - aber solche negativen Beispiele gibt es bei jeder Compilation. Und weil die im Dienste einer guten Sache steht, sieht man gern darüber hinweg. Zumal die mitgelieferte DVD massenhaft Infos und Videos bietet und das Paket um lächerliche 11 Euro angeboten wird.

Besonders schön übrigens, daß es die CD/DVD in Amerika in die Charts geschafft hat. Rock on!

 

Links:

V/A - Rock Against Bush Vol. 2

ØØØ 1/2


Fat Wreck/edel

(USA/9. 8. 2004)

 

Schon beim ersten Teil gab es die Ankündigung, daß es eine Fortsetzung von "Rock Against Bush" geben würde, da nicht alle Bands auf der ersten Compilation untergebracht werden konnten.

Überraschten auf Teil eins Ministry mit einem Beitrag, bleibt einem hier beinahe der Mund offen, wenn man auf der Tracklist den Namen No Doubt liest. Es ist erfreulich, daß eine solche politische Aktivität genreübergreifend ist.

28 Tracks füllen wieder die CD, und wieder ist der größte Teil der Songs unveröffentlicht oder rar, wie Green Days "Favorite Son", "Gas Chamber" von den Foo Fighters, Lagwagon, Hot Water Music, Lawrence Arms oder Sick Of It All. Selbst die patriotischen Dropkick Murphys sind nicht zufrieden damit, wie es im Weißen Haus zugeht, und lassen die Hymne "We Got The Power" vom Stapel. Ja!

Diesmal haben auch nichtamerikanische Bands ihren Beitrag geleistet. So fanden anläßlich seines Berlinbesuchs nicht nur riesige Demonstrationen gegen Bush statt, die deutschen Donots steuerten auch "Time´s Up" bei. The (International) Noise Conspirancy aus Schweden waren schon immer politisch engagiert und zeigen es auch.

Wieder dabei ist eine Bonus-DVD, die einerseits politische Reportagen beinhaltet, andererseits mit Videos von Bad Religion, Flogging Molly und anderen glänzen kann.

 

Links:

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