Platten_Rage - From the Cradle to the Stage

Trio mit sechs Fäusten

20 Jahre im Metal-Busineß und noch nie ein Live-Album - trotz atemberaubender Konzerte. Zum Glück gibt´s Jubiläen, die entsprechend gefeiert und auf CD festgehalten werden.    14.11.2004

Hymnisch und so eingängig, daß man sie beinahe als Pop bezeichnen könnte, klingt die Musik von Rage. Wer das deutsch-russisch-amerikanische Trio je (wenn auch nur zufällig) auf einem Festival gesehen hat, wird begeistert gewesen sein.

Diese Begeisterung versucht die Band nun auf CD zu bannen. Leider fehlt manchmal der Druck bei der Produktion - doch wenn man Songs wie die aktuellen "War of Worlds" oder "Great Old Ones" hört, die hervorragend zu Klassikern wie "Prayers of Steel" passen und durch die hymnenhaften Rock-Nummern "Down" oder "All I Want" ergänzt werden, pfeift man auf produktionstechnischen Schnickschnack und gleicht den - genauso wie die schlechten Tontechniker - durch Hochdrehen der Lautstärke aus.

Peavy Wagner singt mit seiner kratzigen Stimme voluminös, Viktor Smolski beweist mit seinem Gitarrenspiel, daß es in Rußland nicht umsonst Musikschulen gibt, und Mike Terrana hinter dem Schlagzeug ist sowieso ein Urviech. Darum fehlt auch auf keinem Rage-Konzert ein Drum-Solo des Amerikaners, das auch auf CD sofort dem instrumentalem "Unity" (ja, nur wenige Bands können sich leisten, auf einem Metal-Konzert Instrumentals zu spielen) folgt. Fünf Minuten lang tobt sich der Ausnahmeschlagzeuger bei "Anarchy" aus, ohne daß es langweilig wird. Nach dem stimmungsvollen 15. Track "Set This World on Fire", der gegen die Diktatoren dieser Welt gerichtet ist, gibt es erst einmal eine Pause.

 

Hat man sich erholt, kann es mit der zweiten CD weitergehen. Auf der legen Rage sofort mit "Flesh And Blood" los. Dann ruhen sich Peavy und Mike aus, während Viktor Smolski alleine auf der Bühne steht und den Saiten seiner Gitarre Melodien entlockt, die er auch leicht in einem Song hätte unterbringen können. Einmal esoterisch getragen, dann wieder rockend präsentiert der gebürtige Weißrusse mit dem klassischen Background sein Können. Das geht sogar so weit, daß er - auch das ist möglich - das Publikum in sein Spiel einbindet.

Wieder zu dritt geht es weiter. Es folgt der Titel-Track des bisher letzten Albums "Soundchaser", ehe Peavy vor "Back in Time" verrät, daß es nicht nur das zwanzigjährige Jubiläum von Rage ist, das sie gerade mit dem Publikum feiern, sondern die Band auch seit fünf Jahren in dieser Formation besteht. Danach fahren Rage mit ihren Fans erst "Straight to Hell", anschließend "From the Cradle to the Grave" und schließlich geht es hoch hinaus, "Higher Than the Sky" nämlich. Und das Publikum singt lauthals mit.

Sind die 27 Tracks vorüber, weiß man eines ganz sicher: Beim nächsten Rage-Konzert wird man live dabei sein, komme, was da wolle. Das bunt gemischte Trio ist in seiner aktuellen Formation nämlich besser denn je. Und wir wünschen uns noch mehr Studio-CDs - mindestens jedes Jahr eine.

Milan Knezevic

Rage - From the Cradle to the Stage

ØØØØ 1/2

20th Anniversary


Steamhammer/SPV/emv

(D/15. 11. 2004)

 

Links:

Kommentare_

Platten
Such A Surge - Alpha

Im Trend gelegen

Die einstigen Crossover-Helden aus Braunschweig zeigen, daß sie auch musikalisch noch am Leben sind und retten sich damit vor der Bedeutungslosigkeit.  

Platten
Schneiderberg - Amok-Yo

Kreuzüber in den Sozialismus

Im Jahr 2000 wurden sie gefeiert. Dann lösten sie sich einfach auf. Oder machten eine Zwangspause. Und jetzt sind sie wieder da.  

Platten
Freedom Call - A Circle Of Life

Aufs Korn genommen

Powermetal mit Humor gibt es nicht? Dann sollten Sie in die vorliegende Platte reinhören. Die kann es noch dazu mit fast jedem Klassiker des Genres aufnehmen.  

Platten
Ektomorf - Instinct

Metal Gulasch

Der Mensch wird zum Tier. Denn Urgewalten rasen aus den Lautsprechern, wenn im Laufwerk die neueste Scheibe der Ungarn rotiert.  

Platten
Fettes Brot - Am Wasser gebaut

Geh bitte!

Kann das denn sein, find ich den Reim nicht? Was ist bloß los, ich bin doch famos, nicht? Denn ich mach HipHop und bin immer top. Oder?  

Platten
Stereophonics - Language, Sex, Violence, Other?

Brit-Pop versus Brit-Rock

Viele Bands erleben mit neuen Musikern ihren zweiten Frühling. Leider scheint in Wales immer noch tiefster Winter zu herrschen.