Kino_The Reaping

Wer ernten will, muß sehen

Im Gegensatz zu früheren Versuchen der Produktionsfirma Dark Castle, ernsthafte Schocker zu produzieren, ist Stephen Hopkins mit diesem apokalyptischen Vergnügen ein feiner Gruselfilm im Stil der 60er Jahre gelungen.    19.04.2007

Als Moses seinerzeit die Israeliten aus Ägypten führen wollte, verweigerte ihm das der Pharao und Herrscher der Ägypter. Da die Wanderung aber nicht die Idee des Bibelhelden, sondern die seines Herrn da oben war, sollte die Sturheit des Königs nicht ungesühnt bleiben. Gott schickte den Ägyptern kurzerhand zehn Plagen auf den Hals, um die passionierten Sklaventreiber so davon zu überzeugen, daß sie ohne die Israeliten besser aufgehoben wären.

Wenn man frühere Dark-Castle-Produktionen wie "13 Geister" oder "Ghost Ship" kennt, ist man versucht, in "The Reaping", dem neuen Werk der Produktionsfirma von Robert Zemeckis, die elfte Plage zu erkennen. (Anm. der Red.: Bis auf das "House on Haunted Hill"-Remake und "House of Wax" sind besagte Produktionen tatsächlich nur als Lückenfüller zu genießen.) Dem ist Gott sei Dank nicht so: Der Zuseher kann getrost aufhören zu beten und sollte sich stattdessen bereitmachen, eine spannende Geschichte zu genießen.

 

Zur Handlung: Nachdem ihre Familie für eine Dürreperiode in einem afrikanischen Dorf verantwortlich gemacht und in Folge irgendeinem Regengott geopfert wurde, hat die ehemalige Pastorin Katherine Winter (Hilary Swank) ihren Talar gegen Pipette, Pinzette und Reagenzglas getauscht. Seitdem ist sie als ungläubige Wissenschaftlerin unterwegs und versucht, logische Erklärungen für vermeintliche Wunder zu finden.

Für solcherlei Missionen bekannt, erscheint sie Doug Blackwell als ein Geschenk des Himmels. Der Kleinstadtlehrer versteht nämlich die Welt nicht mehr, als sich in seinem geliebten Kaff Haven die Flüsse rot verfärben. Für die gläubigen Bewohner des Dorfes ist das klarerweise erst der Anfang und die erste von zehn Plagen, die Gott ihnen schickt, weil er auf ein Mädchen namens Loren wütend ist. Logischerweise muß die Kleine weg - erst dann werden in Haven wieder paradiesische Zustände herrschen.

Auftritt Frau Winter: Sie nimmt Proben vom Wasser und den Mund ziemlich voll, indem sie (während die Auswertung noch läuft) über einen Bakterienstamm referiert, der die Flüsse rot färbe, weil bla bla bla ... Doch die Wege des Herrn sind unergründlicher, als Katherine glaubt - und es stellt sich heraus, daß aus dem Wasser Blut wurde und es zudem jetzt schon anfängt, Frösche zu regnen.

 

Wird es der Zweiflerin gelingen, den Teufel in Gestalt des Kindes aus Haven zu vertreiben, oder ist es doch die Bevölkerung des Städtchens, die beobachtet gehört, damit sie einem unschuldigen Mädchen nichts antut? Wer die Antworten auf diese Fragen ernten will, muß "The Reaping" sehen.

Die Story, inklusive Sektierern und bösem schwarzen Mann, erinnert ein wenig an die Hammer-Filme der 60er Jahre - ebenso die Schauplätze und die intensive Farbästhetik des Films, die einen in die glorreichen Zeiten alter Gruselfilme zurückversetzen.

Regisseur Stephen Hopkins inszenierte zuvor bereits erfolgreich die Film-Biographie "The Life and Death of Peter Sellers", für die er sogar mit einem Golden Globe belohnt wurde. Außerdem haben wir dem Regie-As auch den Pilotfilm zur Adrenalinserie "24" zu verdanken und somit mindestens zwei gute Gründe, ins Kino zu gehen. Sollten Sie sich trotzdem weigern, schicken wir Ihnen ein paar Heuschrecken vorbei!

Nikolaus Triantafyllidis

The Reaping

ØØØØ


USA 2007

96 Min.

dt. Fassung und engl. OF

Regie: Stephen Hopkins

Darsteller: Hilary Swank, David Morrissey, Stephen Rea u. a.

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