Kino_Wanted

From Zero to Hero

Wenn einen Angelina Jolie an die Kandare nimmt, wird man selbst als Waschlappen zum knallharten Auftragskiller. Daran glaubt man spätestens nach diesem Action-Spektakel, das eher an ein Computerspiel als an eine Comic-Verfilmung gemahnt.    04.09.2008

Wes (James McAvoy) ist der Inbegriff eines Losers, der sich täglich mit hängendem Kopf in sein Großraumbüro quält. Dort wird er von der Chefin schikaniert und vom besten Freund zum Trottel gemacht - immerhin spannt der Typ ihm auf nicht gerade subtile Weise die Freundin aus. Doch Wes hat sein Leben längst ad acta gelegt, und einzig seine Tabletten machen das Trauerspiel etwas erträglicher. Doch das alles ändert sich, als im Supermarkt plötzlich eine schöne Fremde (Angelina Jolie) vor ihm steht, ihn vor Sex-Appeal strotzend anlächelt und ihm schnell einmal das Leben rettet. Von einer Sekunde auf die nächste ist Wes in eine wilde Schießerei verwickelt. Die schwerbewaffnete Unbekannte rast nach einigem Geballere - mit Wes im Schlepptau - in ihrem Sportwagen davon und turnt, weiterhin Kugeln abfeuernd, auf der Motorhaube des fahrenden Untersatzes herum, um den Verfolger abzuhängen.

Später findet sich Wes im Hauptquartier einer mysteriösen Bruderschaft wieder, die von Sloan (Morgan Freeman) angeführt wird. Seine Lebensretterin Fox gehört, wie auch einst Wes´ Vater, einer Bruderschaft von Auftragskillern an. Wes erfährt, daß sein Vater von Cross (Thomas Kretschmann) getötet wurde, der nun hinter ihm her ist, und daß er die übermenschlich schnelle Reaktionsfähigkeit seines verstorbenen Vaters geerbt hat. Nachdem der junge Mann das alles realisiert hat und nicht mehr in sein bisheriges Leben zurück will/kann, läßt er sich von Fox & Co. die "Kunst des Tötens" beibringen und wird Teil der Killerriege, die nach dem Motto "Töte einen, rette Tausende" agiert - was wohl auch als Pro-Todesstrafe-Argument oder militärische Rekrutierungs-Gehirnwäsche taugen würde. Doch die Killer vertrauen den Aufträgen, die seltsamerweise ein Webstuhl ausspuckt, scheinbar blind.

Weil Wes ja nicht auf der Nudelsuppe dahergeschwommen ist, erkennt er bald, daß die Vorsätze der Bruderschaft nicht ganz so löblich sind. Allerdings ist auch er durch seine tollen Fähigkeiten und den brutalen Drill zum Mörder nicht mehr ganz derselbe. Sein Ego ist inzwischen aufgeblasen wie ein Heißluftballon, und er begibt sich auf einen - wie könnte es anders sein - Rachefeldzug. Das ist wohl etwas viel Liebe für einen Vater, den er nie gekannt hat, aber ohne Rache gibt´s halt keine Story. Was der Geschichte an Inhalt fehlt, soll wohl das Tempo des Films kompensieren. Dazu wird auf die Regeln der Physik weitgehend gepfiffen (um die Ecke schießen, über Hochhäuser springen ...), und so wirkt der Film fast wie ein 110minütiges Computerspiel.

 

Der russische Action-Regisseur Timur Bekmambetov ("Wächter der Nacht", "Wächter des Tages") legt mit "Wanted", dessen Story auf einer Comic-Reihe von Mark Miller beruht, sein Hollywood-Debüt hin. Der Film ist prominent besetzt, obwohl eher die Stuntmen denn die Schauspieler Lob verdienen. Angelina Jolie hat ihre Stunts zwar angeblich selbst gemacht, was man sich angesichts ihrer knochigen Model-Statur aber nur schwer vorstellen kann. Wo sind die sexy Rundungen hin? Mit denen gefiel sie, ebenso wie ihre schauspielerische Leistung, in "Mr. & Mrs. Smith" noch um einiges besser. Der zweite Star am Set, Morgan Freeman (zuletzt in "The Dark Knight" zu sehen), spielt in altbekannter, altbackener Manier den Herrn Direktor und überrascht in keiner der Szenen, in denen er vorkommt. Am ehesten vermag noch Hauptdarsteller James McAvoy ("Der letzte König von Schottland") zu überzeugen.

"Wanted" ist somit ein netter spätsommerlicher Kinospaß, der durch coole Stunts, schnelle Schnitte, völlig überzogene Action-Szenen und viel Witz besticht. Wes´ Wandlung vom Würschtl zum Helden zu verfolgen, bereitet ego-shootende Freude. (Wen wundert es da noch, daß das Game zum Film/zum Comic bald auf den Markt kommen wird?) Daß das ewige Rächen mit der Zeit nicht nur nervenaufreibend, sondern schlicht nervtötend wirkt, muß man da schon in Kauf nehmen. Der Film ist jedenfalls ein Action-Kracher für Fans des Metiers, aber auch für bisherige Verweigerer - wen juckt´s, daß die Moral der G´schicht zu wünschen übrig läßt. Nur nicht zuviel nachdenken, dann bleibt auch der Ärger erspart.

Bettina Figl

Wanted

ØØØ 1/2

Leserbewertung: (bewerten)

USA 2008

110 Min.

Regie: Timur Bekmambetov

Darsteller: James McAvoy, Angelina Jolie, Morgan Freeman u. a.

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Kommentare_

axel_s - 08.09.2008 : 21.07
Man fühlt sich - zumindest was die Story betrifft- in die tiefsten Edgar Wallace-Schluchten deutscher Prägung katapultiert -festhalten ist angesagt- auf das das Essen im Gesichte bleibt.
Dieser Film wurde für die Generation Dumm fabriziert- hirnlose Dialoge jagen sinnentleerte Handlungsfetzen nach- Doom 1st Gen. lässt grüßen- bei uns schreibt man´s ja mit 2m´s!
Finger weg vom Ticket!!!
LGA
Axel_T - 25.01.2009 : 08.17
Kann mich meinem Vorredner nur anschließen.
Was da aufgrund von tollen Einspielergebnissen und Besucherzahlen in den USA anschließend auch bei uns in Kinohäusern wie dem Cinemaxx, Kinopolis und Co. als A Ware an den Start geht und von den hier zuständigen, leitenden Personen der Filmtheaterbetriebe auf den mündigen Bürger als sogenannte A Filme losgelassen werden, ist nicht mehr ertragbar und zu toppen, was dumpfe hirnlose Dialoge und ein auf Hochglanz poliertes, super cleanes Äußeres betrifft.
Es werden überhaupt keine Risikofilme mehr ins Programm genommen, die unbequem sind, den Zuschauer auch mal fordern.

Habe Wanted gesehen und muss sagen, dass ich Filme dieser Art schon zu oft sehen musste.. da ist für mich nichts aufregendes oder innovatives dran.

Der Film sei den auf Gewinnmaximierung getrimmten Kinobossen hierzulande gegönnt, verspricht er doch ein + in der Kasse.. .
Für mich filmisch ein Griff ins Klo! Nein danke!
jf - 26.01.2009 : 10.19
Ja, stimmt leider. Viel Lärm um nichts.

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