Print_Charlie Huston - Ein gefährlicher Mann

Buch statt Film

Hank Thompson ist wieder da - und er hat eine ganze Menge russischer Gangster, Blut, Gewalt und mehr als kinoreife Dialoge mitgebracht.    05.12.2006

Es soll ja Menschen geben, die Buchvorlagen immer wieder gern mit deren Verfilmungen vergleichen. Man kriegt die Worte "Ich habe den Film gesehen" oder "Der Film gefällt mir besser" viel zu oft zu hören - und die schulmeisterliche Antwort kann natürlich nur lauten: "Vergleiche niemals einen Film mit einem Buch!"

Liest man jedoch die Hank-Thompson-Trilogie von Charlie Huston, erübrigt sich die Frage nach einer Verfilmung. An Spannung und Härte sind seine Werke auch auf Zelluloid sicher nicht zu überbieten.

Im dritten und letzten Teil der Action-reichen Odyssee des smarten Losers Hank ist der ehemalige Bartender zu einem tätowierten, drogensüchtigen, fetten Wrack verkommen, das für die Russenmafia in Las Vegas mordet, prügelt, erpreßt und manchmal auch beschützt.

Er tut dies alles nicht aus Jux und Tollerei, nein, sondern aus Liebe ... und aus Angst. Aus Liebe zu seinen Eltern und aus Angst, diese würde ein gar grausliches Schicksal ereilen, sollte sich Hank weigern, weiter für den russischstämmigen Klischeegangster David zu wüten.

Doch Hank ist nicht mehr wütend, sondern nur mehr verzweifelt - und so begeht er, vollgepumpt mit verschiedenen benebelnden Substanzen, während seiner gewalttätigen Streifzüge einen Fehler nach dem anderen.

Wie man sich vorstellen kann, behagt dies unprofessionelle Verhalten dem Russen David ganz und gar nicht. Gott sei Dank ist stets der Serbe Branko an Hanks Seite und bringt die versauten Jobs dann doch - wenn auch improvisiert - zu Ende. Branko war nämlich derjenige, der dem schon ziemlich gewaltversierten Hank noch das eine oder andere Schmankerl in Sachen Verhör- und Schlagtechnik beigebracht hat. (So ist es zum Beispiel essentiell, immer mit einem Gegenstand auf den Gegner einzudreschen, da die Tätigkeit des hauptberuflichen Killers sonst auf dessen Händen und vor allem Knöcheln sichtbare Spuren hinterläßt.)

Da der zwecks Nichterkennbarkeit mehrfach gesichtsoperierte Hank müde ist und keine besonderen Ambitionen zeigt, die erlernten Techniken auch zu üben, wird er dazu verdonnert, einen jungen Baseball-Star im Spielerparadies im Auto herumzukutschieren. Der Sportler soll nämlich ungestört seiner Spielsucht frönen und bei David noch ein paar zusätzliche Dollars anschreiben können.

Der aufstrebende Stern am Himmel von Hanks Lieblingssport ist ihm sehr sympathisch. Umso mehr stört es den Gangster wider Willen, daß er dabei behilflich sein soll, den Knaben in unbezahlbare Schulden zu stürzen und seinem Boß somit auf Gedeih und Verderb auszuliefern.

Die folgende Hilfsaktion für den Baseballer führt Hank zurück an den Ausgangspunkt seiner zermürbenden Reise: nach New York, wo man ihn kennt, sucht, jagt - und er sich seinem Schicksal stellen muß, was wiederum den heißersehnten Showdown einläutet.

Trotz mehrerer rasch geschilderter Rückblicke auf die Ereignisse in "Der Prügelknabe" und "Der Gejagte" sollte man die beiden Vorgängerromane gelesen haben, bevor man sich in "Ein gefährlicher Mann" stürzt. Erstens versteht man dadurch die Entwicklung des Charakters Hank Thompson und seiner immer erbarmungsloseren Methoden; zweitens kann man dem Handlungsfaden und den exzellent geschilderten Figuren besser folgen - und drittens hat man so Gelegenheit, die Trilogie von Charlie Huston in einem zu verschlingen und sich den einen oder anderen faden Action-Hadern im Fernsehen zu ersparen. Besser geht´s nicht.

Nikolaus Triantafyllidis

Kommentare_

Stories
In 3 Tagen bist du tot 2/Interview Pt. 2

Big Brother is watching you

Bei Sabrina Reiter hat sich der Einfluß des großen Bruders durchaus positiv ausgewirkt. Der EVOLVER unterhielt sich mit Österreichs erster Scream-Queen. Teil zwei: über die Anfänge als Schauspielerin, ihre Lieblings-Horrorfilme und den Hang zur Komödie.  

Print
Chuck Palahniuk/Porträt

Master of Puppets

The first rule of Chuck: you talk about Chuck. Seine Bücher erreichen zwar nicht alle die Genialität von "Fight Club" - aber besser als das meiste auf dem internationalen Literaturmarkt sind sie trotzdem noch. Und das ist Grund genug für den EVOLVER, das bisherige Schaffen eines seiner Helden etwas ausführlicher zu betrachten.  

Print
Rex Miller - Fettsack

Dunkler Speck

Während die Buchempfehlungen in allen Medien derzeit weihnachtlich andächtig ausfallen, sucht EVOLVER noch einmal die dunkle Seite der Trash-Literatur auf und warnt: Für stille oder gar heilige Nächte ist dieser Titel garantiert nicht geeignet.  

Stories
In 3 Tagen bist du tot 2/Interview

Blutiges Schneegestöber

Mit "In drei Tagen bist du tot" drehte Andreas Prochaska nicht nur einen gelungenen Horrorstreifen, sondern auch den meistbesuchten österreichischen Film 2006. Und weil sich das Publikum für gelungene heimische Unterhaltung sehr wohl ins Kino begibt, startet in Kürze das Sequel. Der EVOLVER traf Hauptdarstellerin Sabrina Reiter und sprach mit ihr über die Fortsetzung.  

Video
John Rambo

There will be blood ...

... und zwar ohne Ende. Während es sich beim Titel des Andersonschen Ölfilms jedoch eher um eine leere Drohung handelt, fliegen in der neuen "Dschungelbuch"-Adaption à la Stallone gehörig die Fetzen.  

Print
Charlie Huston - Blutrausch

Von denen Vampyren auf Drogen

Im zweiten Teil seiner Blutsauger-Reihe begibt sich der amerikanische Noir-Autor mit Joe Pitt in ein neues Territorium der nächtlichen Parallelwelt New Yorks: Er soll eine Droge finden, die die Untoten nur allzu lebendig macht ...