Print_Michael Hjorth / Hans Rosenfeldt - Der Mann, der kein Mörder war

Let’s talk about sex

Im Krimidebüt des schwedischen Autorenduos liegt einiges im Argen - vor allem das Liebesleben der Kommissare. Das geht nämlich drunter und drüber.    17.03.2012

Der leitende Ermittler der Mordkommission Torkel Höglund schläft mit seiner Kollegin, der Kriminaltechnikerin Ursula, die mit ihm wiederum ihren Ehemann betrügt. Derweil ist Polizist Thomas Haraldsson beinahe stündlich, sogar während der Arbeitszeit, bei seiner Ehefrau gefordert, die sich endlich ein Kind von ihm wünscht. Am exzessivsten aber treibt es Polizeipsychologe Sebastian Bergman, dessen Gattin und Kind beim Tsunami 2006 umgekommen sind. Seither sucht er vergeblich nach neuer Nähe - bei jeder Frau, die seinen Weg kreuzt, jeder Zeugin; selbst Hinterbliebene sind vor ihm nicht sicher.

Was freilich zu allerhand Verwicklungen und Spannungen führt - und dazu, daß eigentlich keine Sau diesen Phallus auf zwei Beinen mehr leiden kann. Selbst dem Leser fällt es schwer, Sympathien für ihn zu entwickeln. Der Klappentext Sie werden es lieben, ihn zu hassen bringt es daher auf den Punkt.

 

Dieser muntere erotische Reigen liest sich durchaus kurzweilig, phasenweise amüsant. Aber mit einem Krimi hat er nur wenig zu tun - weswegen es noch einen Toten gibt, einen übelst zugerichteten Teenager. Das ist natürlich schrecklich, hält die vielen Polizisten aber nicht davon ab, ihren Gelüsten nachzugeben, sodaß so einiges erst einmal danebengeht. Also bei der Mordermittlung, haha.

Aber dann finden die liebestrunkenen Damen und Herren doch noch eine Spur, die sie zu einem Privatgymnasium führt, an dem sich Schüler und Lehrer seltsam wortkarg geben. Aus welchem Grund? Die Lösung, wenig überraschend: Sex.

Nicht nur die Kids schweigen sich über ihre pubertären Liebeleien aus, auch die Lehrer sind um Geheimhaltung ihrer Beziehungen bemüht. Kein Wunder, sind es doch schwule Affinitäten, die sich nicht mit der hohen Schulmoral vertragen, und obendrein ein gutes Motiv für einen Mord wären.

 

Sind sie jedoch nicht. Die Auflösung kommt recht banal daher, auch wenn das schwedische Autorenduo Hjorth und Rosenfeldt zum Schluß noch rasch ein knalliges Feuerwerk zündet - das ebensoschnell verpufft.

Aber um raffinierte Wendungen geht es den beiden vermutlich auch nicht, sondern wohl eher um das Prinzip Mensch und die schwierigen Beziehungen zu seinesgleichen. Und natürlich um Sex.

Marcel Feige

Michael Hjorth / Hans Rosenfeldt: Der Mann, der kein Mörder war

ØØØ

Det Fördolda

Leserbewertung: (bewerten)

Rowohlt Polaris (D 2011)

Links:

Kommentare_

Print
Michael Connelly - Götter der Schuld

Der schmale Grat

"Götter der Schuld" werden die zwölf Geschworenen genannt, die im Gerichtssaal über die Schuld eines Angeklagten entscheiden. Nur was, wenn der unschuldig ist, die Beweise dafür aber fehlen? Marcel Feige klärt auf.  

Print
Katja Bohnet - Messertanz

Kleine Welt

Das Romandebüt der deutschen Autorin ist vieles: ein Thriller, ein Familiendrama, eine Rachestory. Vor allem ist es jedoch unbedingt lesenswert, wie Marcel Feige findet.  

Print
Stephen King - Basar der bösen Träume

Königliches Gemenschel

Hat´s der Schöpfer von Klassikern wie "The Shining", "Carrie" oder "Misery" nach all den Jahrzehnten immer noch drauf? Marcel Feige hat sich in seine neue Kurzgeschichtensammlung vertieft.  

Print
Michael Robotham - Der Schlafmacher

Mut und Konsequenz

Mit einem Robotham kann man für gewöhnlich nichts falsch machen, findet Marcel Feige. Sein neuer Roman ist allerdings eine Ausnahme.  

Print
John Grisham - Anklage

Seifenblase

Das muß einem Autor erst einmal gelingen: einen Roman schreiben, in dem nichts passiert. John Grisham hat es geschafft.  

Print
Greg Iles - Natchez Burning

WTF?

Der Rassenwahn in den Südstaaten Amerikas ist ein Thema, das den US-Autor Greg Iles nicht zum ersten Mal beschäftigt - diesmal allerdings ambitioniert und (fast) ohne Kompromisse.