Video_The Autopsy Of Jane Doe

Ain´t no grave

Ein Leichnam als Machtzentrum des Bösen: Brian Cox und Filmsohn Emile Hirsch setzen bei der Ergründung eines mysteriösen Leichenfunds dunkelste Mächte frei. "The Autopsy Of Jane Doe" macht vieles richtig und ist ein Schocker im besten Sinne.    09.10.2017

Der erfahrene Gerichtsmediziner Tommy Tilden (Brian Cox) und sein Sohn Austin (Emile Hirsch), der sich anschickt, in die beruflichen Fußstapfen des Vaters zu treten, stehen vor einem Rätsel: Nicht nur ist die Identität der Leiche einer gerade eingelieferten jungen Frau, die unweit eines Gewaltverbrechens aufgefunden wurde, unergründbar, sondern auch die Physiognomie dieser "Jane Doe" wirft Fragen auf. Unsägliches muß dem Mädchen widerfahren sein, soviel steht fest. Und doch scheint ihr Äußeres unversehrt. Während die beiden Coroner im Zuge der Obduktion auf weitere Unerklärlichkeiten stoßen, häufen sich unheimliche Vorfälle in und um das Bestattungsunternehmen der Familie Tilden. Als sich der Schrecken Bahn bricht, verstärkt Tommy seine Anstrengungen, hinter das Geheimnis des toten Mädchens zu kommen. Dabei wirft jeder Untersuchungsschritt neue Fragen auf und stößt eine weitere Tür des Grauens auf. Als sich die Lage zuspitzt, wird klar, daß die Pathologen nicht mehr Herren im eigenen Haus sind.

André Øvredal, der Regisseur von "Troll Hunter" (2010), verschränkt in "The Autopsy Of Jane Doe" klassische Gruselelemente aus den Archiven des Genres mit Schockmechanismen des modernen Horrorfilms. Wie er dies tut und es dabei versteht, die Spannungsschraube gekonnt zu dosieren, verdient Respekt. Timing und Balance stimmen jedenfalls, und so droht der Film trotz sporadisch inszenierter Drastik nie in den potentiellen Untiefen seiner blutigeren Augenblicke zu versinken. Auch fruchten der Einsatz verstörender Akustik ebenso wie das atmosphärische Spiel von Licht und Schatten sowie die Variation des Uraltthemas des vermeintlich hinter der Ecke lauernden Monsters. Schließlich stellt sich das Gefühl eines unaufhaltsamen Wettlaufs gegen die Zeit zusammen mit dem sich ausbreitenden Unheil ein. Und es ist unzweifelhaft ein unheiliger Countdown, den Vater und Sohn unbewußt in Gang setzen, als sie sich an das Sezieren der toten Unbekannten machen. Dabei manifestiert sich das Zentrum des Schreckens paradoxerweise als unbewegliche, da leblose menschliche Hülle.

Das Darstellerduo agiert keineswegs lediglich dekorativ: Cox und Hirsch harmonieren als engagierte Vertreter desselben Berufsstandes und überdies als in Schicksalsgemeinschaft vereinter trauernder Witwer respektive Sohn.

"The Autopsy Of Jane Doe" wirkt in seiner Bündelung dem Werk zuträglicher Facetten des Genres in sich geschlossen und phasenweise gar innovativ - dem Wirken des handwerklich geschickt vorgehenden Regisseurs sei Dank.

 

Dietmar Wohlfart

The Autopsy Of Jane Doe

ØØØØ

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Universum Film GmbH (USA 2016)

DVD Region 2
86 Min. + Zusatzmaterial dt. Fassung oder engl. OF

Features: Interviews, B-Roll

Regie: André Øvredal

Darsteller: Emile Hirsch, Brian Cox u. a.

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