Platten_Anik Kadinski - My Definition

Per definitionem

Man kann es also auch in Österreich abseits des TV-Karaoke in die Charts schaffen. Alles, was man dazu braucht, ist eine Sängerin mit einer tollen Stimme und einem guten Song.    04.07.2004

Aus voller Brust verkündet Anik Kadinski, daß sich ihr Leben geändert habe. "Fallin´" heißt der Titel und ist der beschwingte Opener ihres Zweitlings "My Definition". Hatte die Sängerin auf dem Vorgänger "I Don´t Mind" noch mehr auf Hitparaden-Kompatibilität geachtet als mutig Akzente gesetzt, gelingt ihr nun teilweise die Wendung zu einer ernstzunehmenden Singer/Songwriterin. Die Klasse einer Carole King erreicht sie freilich nicht - aber was nicht ist, kann ja noch werden. Immerhin reicht es, in die gleichen Regionen vorzudringen, in denen etwa Amanda Marshall residiert. So erinnert beispielsweise ihre aktuelle Single-Auskopplung "Another Goodbye" an den einen oder anderen Marshall-Song, was wohl auch die Radiohörer goutierten, indem sie Anik in die "Ö3 Austria Top40" hievten.

Es wurde auch Zeit, daß es Anik endlich geschafft hat. Schließlich ist sie weder eine Newcomerin, noch ist die Bühne eine unbekannte Spielwiese für sie. Erfahrung sammelte sie in diversen Schul-Bands, 2002 wäre sie fast als Song-Contest-Teilnehmerin für Österreich gestartet, und nach ihrem Studium am Schubert-Konservatorium darf sie sich ausgebildete Jazzsängerin nennen. Background genug also, um endlich einmal eine Platte aufzunehmen, die sie mehr ins Rampenlicht rückt.

Wie beim Debütalbum arbeitete sie an "My Definition" mit ihrem Produzenten Florian Glaszer. Inwieweit der dafür verantwortlich ist, daß Anik ihre Gefühle nicht zu 100 Prozent in die Lieder zu transportieren vermag, sei dahingestellt. Wenn weniger Technik dahinter ist, befindet sich Anik auf dem besten Weg dazu. Und wenn die Melodie stimmt, erst recht. Nur traurig muß sie sein. Schließlich sind die Highlights auf "My Definition" zweifellos jene Songs, die vom seelischen Schmerz handeln. Aniks warme Stimme, gepaart mit den traurigen Tönen, ist alles, was man für Herzschmerz und die Überwindung desselben braucht. Anik singt über verwelkende Liebe und die Kraft, endlich einen Schlußstrich zu ziehen. Das Loch, das dann im Bauch bleibt, geht mit "Another Goodbye" vorbei, auch wenn man "Into Pieces" fallen möchte. Von sanft hookenden Gitarren untermalt, verlangt sie "Let Me Love You" - und man ergibt sich ohne großen Widerstand. Dieser Stimme kann man nicht widerstehen.

Enttäuschend ist nur, daß viele Lieder nicht jenes hohe Niveau erreichen, das sie mit der Single schafft. Da gibt es zuviel Einheitsbrei anstatt Kanten, an denen sich der Hörer festhalten kann. Dabei ginge es auch einfacher - vor allem in Sachen Produktion. Der Bonusteil der CD beweist es: Hier warten die Akustik-Live-Versionen von "Another Goodbye" und "Let Me Love You" mit unaufdringlichen Arrangements, die einmal mehr Aniks Gesangstalent unterstreichen - und fertig ist das pure Hörvergnügen. Und wenn Anik das John-Lennon-Cover "Mind Games" intoniert, freut man sich auf das nächste Album. Denn das wird bestimmt besser werden.

Milan Knezevic

Anik Kadinski - My Definition

ØØ 1/2


Wild Dogs Records/Rebeat

(Ö/16. 6. 2004)

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