Der Junge mit der Gitarre - Im Affekt
ØØ 1/2
Content/edel
(D/10. 5. 2004)
Sein erster Streich hieß "Dagegen", der zweite kommt weniger zornig daher. Trotzdem wettert Tobias Schacht weiterhin gegen alles, was unsere Konsumgesellschaft liebt. 19.06.2004
Als Tobias Schacht 1998 im "Speaker´s Corner" auf dem Bizarre Festival zum ersten Mal auftrat, wurde er gefragt, wer er denn sei. Aus Verlegenheit antwortete er: "Der Junge mit der Gitarre."
Manchmal sind in der Tat die seltsamsten Namen die interessantesten und die mit dem höchsten Wiedererkennungswert. Nachdem 2002 die erste DJMDG-EP "Meer sehn" und das kontroverse Album "Dagegen" erschienen, spalteten sie Kritiker- und Hörermeinungen gleichermaßen. Aber immerhin: Der Junge war in aller Munde. Es folgten Charts-Plazierungen und die Teilnahme an der deutschen Song-Contest-Vorentscheidung.
Trotz dieser kommerziellen Erfolge blieb Tobias ein Rebell - vielleicht deshalb, weil er vor seiner Musikerkarriere als A & R in einer Plattenfirma selbst über Bands entscheiden durfte, möglicherweise aber auch, weil er das Busineß von der anderen Seite miterlebt hat.
Heute, auf seinem aktuellen Album "Im Affekt", klingt Der Junge mit der Gitarre abgeklärter, wenn er gegen das hundertste Remake ansingt, gegen den Grand Prix, gegen Casting-Shows oder Musiklehrer ... kurz: gegen alles, was die Fassade unserer Gesellschaft ausmacht. Er schrammelt sich durch seine Lieder und freut sich voll Ironie darüber, mit nur zwei Akkorden in die "Spex" kommen zu können oder damit die "Visions" wegzublasen.
Leider sind seine kritischen Gedanken jedoch nicht immer so hintergründig humorvoll formuliert. Einem guten Song steht dann etwa ein Machwerk wie "Kindergeld" gegenüber, das einfach nur platt und plakativ gegen die Konsumgeilheit ins Feld zieht. Und wenn sich die kritischen Lieder mehren, landen wir im abgegrasten Gefilde der Protestsongs - und dann wird´s einfach nur noch langweilig.
Für willkommene Abwechslung sorgen hingegen die persönlichen und melancholischen Texte. Oder die musikalischen Mitstreiter von Herrn Schacht: Als Junge hinter dem Schlagzeug werkt Marco Möller, der Bub am Baß ist der sich die Finger wundzupfende Stefan Nietzky.
Stilistisch tobt sich Tobias im Pop und Punk aus, gebärdet sich dann wieder wie ein funkiger Latin Lover oder läßt Folk und Powerpop in seinem Repertoire aufblitzen. Wagt er sich aber wie ein ernsthafter Liedermacher über ein Thema, dann macht er einem Reinhard Mey alle Ehre. So schafft er dann auch mit dem wunderbar gelungenen "Vier Jahreszeiten" den absoluten Höhepunkt der CD, dem nur noch der Hidden Track "Gott ist cool" das Wasser reichen kann.
Insgesamt hat der Junge also Potential. Daran gibt´s selbst für Affektmenschen keinen Zweifel...
Der Junge mit der Gitarre - Im Affekt
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(D/10. 5. 2004)
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