Emerson Drive - What If?
ØØ
Emerson Drive - What If?
DreamWorks/Universal
(Kanada/5. 7. 2004)
Country-Music kann progressiv sein, aber leider auch schrecklich konservativ - wie sich am vorliegenden Album leider wieder einmal zeigt. 05.09.2004
Man mag Country hassen, aber er hat zweifellos seine großen Momente, nicht nur wegen Johnny Cash. Wenn man also die rauhe Ehrlichkeit des Country mit Pop mischt, kann eigentlich nur etwas Gutes dabei herauskommen.
Schön wär´s, würde das immer stimmen. Wir brauchen nur zu Shania Twain hinüberzuschauen, aus deren Kreativ-Factory in letzter Zeit nur mehr gequirlter Blödsinn kommt. Dafür haben wir ja andere Leute, die das besser können. Etwa das kanadische Sextett Emerson Drive, das besagte Twain auf ihrer Tour begleiten durfte.
Das Ergebnis? Drücken wir es einmal so aus: Der Stumpfsinn der Country-Pop-Lady hat nicht unbedingt auf die sechs Kanadier abgefärbt. Aber? Nun, da haben wir schon das zentrale Problem. Ein nicht unbeträchtlicher Teil der Songs auf ihrem "What If?"-Album stammt von Richard Marx, der das Werk auch gleich produziert hat. Besagter Marx kommt zwar solo wie Bryan Adams daher, kann aber als Songwriter für andere Künstler eine recht gute Figur machen. Das ist eine ähnliche Tragik wie Bob Dylan, dessen Songs auch immer dann am besten sind, wenn sie jemand anderer singt. Doch wir sind hier noch immer bei Richard Marx - und der reicht weder an die Klasse von Dylan heran, noch traut er sich produktionstechnisch Akzente zu setzen. Lieber kuschelt er mit der konservativen Hörerschaft.
Bestes Beispiel ist der Song "Fishin´ in the Dark", für den einfach die Rhythmik von Queens "We Will Rock You" geklaut wurde und der für wenige Augenblicke wie ein Heavy-Country-Stampfer klingen darf. Dann kommt der selten bescheuerte Produzent Marx daher, zieht die Notbremse und hobelt alle Ecken und Kanten glatt - sehr zum Wohlwollen stockkonservativer Kritiker wie einem Herrn der Supermarktkette Wal-Mart. Der zeigte sich tatsächlich wegen des Song-Anfangs entsetzt und war dann heilfroh, als danach Kaufimpulse setzende Spülwassermusik folgte.
Queen-Sounds sind übrigens nicht die einzigen Anleihen an Großtaten der Pop- und Rockmusik. Unverschämt leihen sich Emerson Drive die Gitarre von George Michaels "Faith" für "November" aus. Die bleibt wiederum nicht sehr lange im Lied erhalten, denn man geht auch hier wieder auf Nummer sicher.
Jetzt aber zurück zum Anfang: Der Opener "Last One Standing" besticht durch seine herzliche Offenheit mit verspielten Country-Pop-Rhythmen. Sehnsuchtsvoll und mit ordentlicher Portion Schmalz gibt Sänger Brad Mates schon einmal zu: "If I don´t love you like you deserve, if I don´t stop every tear you´re cryin´ (...) I´ll die trying." Bla, bla, bla. Durch solche Lyrics muß man durch. Nur sollte hin und wieder die Stereoanlage lauter gedreht werden, weil so mancher Pathos nur mit entsprechender Lautstärke funktioniert.
So wursteln sich die Kanadier von Song zu Song, haben da und dort ihre kleinen, großen Momente und hinterlassen letzten Endes eine Erkenntnis: Emerson Drive werden sich nicht ändern. Schon ihr Debüt wurde von Richard Marx produziert, und beim kommenden Album wird das nicht anders sein. Da beide - Künstler und Produzent - auf amerikanische Massenverträglichkeit aus sind, werden wir nur fiedelunterstütztes Herumgeseiere zu hören bekommen. Jene Schritte vorwärts, wie der winzig-kleine in "Fishin´In The Dark", werden wohl die Ausnahme von der Regel bleiben.
Emerson Drive - What If?
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Emerson Drive - What If?
DreamWorks/Universal
(Kanada/5. 7. 2004)
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