Platten_Flogging Molly - Within A Mile of Home

Ein Guiness und eine Fiedel

Rotschopf Dave King lebte illegal in den Staaten, Matt Hensley war Skateboard-Weltmeister. Mit fünf anderen wurden sie schnell zu einer der bekanntesten Folkpunk-Bands der Welt.    12.09.2004

2002 waren sie hierzulande - als sie auf dem "Two Days A Week"-Festival die nachfolgenden Real McKenzies an die Wand spielten - noch die großen Unbekannten. Nun schreiben wir das Jahr 2004, und wer Flogging Molly nicht in einem Atemzug mit den Dropkick Murphys oder den Pogues nennt, hat keine Ahnung von ihrer Art Musik. "Wenn wir keine Mandoline, Fiedel und Flöte hätten, wäre es Punkrock", beschreibt Band-Chef Dave King seinen Sound. "Und ohne Gitarre, Baß und Drums wäre es traditionelle irische Musik."

Stimmt.

Nach dem deutlich Punk-lastigen "Swagger" und den "Drunken Lullabies" mit seinen vielen stillen Momenten sind Flogging Molly den Wurzeln von Kings Heimat heute näher als je zuvor - und das macht ihr drittes Album "Within A Mile of Home" umso faszinierender. Das punkige Element ist natürlich immer noch vorhanden, aber Dave King läßt seine kalifornischen Mitstreiter mehr denn je an althergebrachten Instrumenten toben. So bemitleidet man im Laufe der 15 Songs fast den armen Bob Schmidt, der nach zahllosen Großeinsätzen auf seiner Mandoline im Wahnsinns-Uptempo "Tobacco Island" hinter sich bringen muß. Selber schuld - wäre er halt nicht bei einer der besten Folkpunk-Kapellen. So ist ihm aber immerhin der Ruhm sicher.

Bis es soweit ist, starten Flogging Molly mit dem Opener ordentlich durch: Irish mit etwas Punk angereichert. "Seven Deadly Sins" schielt noch mehr vom sonnigen Kalifornien ins grüne Irland - dort, wo Sünden noch Sünden sind und nicht kleine Schwächen wie im Staate von Governor Arnold Schwarzenegger. Natürlich hören wir da nichts Neues, das würde auch nicht funktionieren. Was bei Flogging Molly zählt, ist die Spielfreude, denn nur so ist die Musik authentisch. Und das bleibt sie bis zur letzten Note, sowohl bei dem Todsünden-Song mit der Irrsinns-Percussion als auch dann, wenn Dave King mehr Selbstvertrauen denn je an den Tag legt und sich a cappella über das kurze alkoholdurchtränkte "The Wrong Company" wagt. Patriotisch beschreiben sie "Queen Anne´s Revenge", inspirierend klingt trotz anfänglicher Minimalinstrumentierung der tolle Country-Schinken "Factory Girls" mit Lucinda Williams als Duettpartnerin, und in "Wanderlust" ist die Band nachdenklich und trotzdem beschwingt.

Klar sind Flogging Molly gut. Aber daß sie so verdammt gut sein können ... Hoffentlich bleiben sie weiterhin "Within A Mile of Home", weil: Wenn an diesem Ort solche Platten entstehen, dann wollen wir sie nie mehr nach Hause lassen!

Milan Knezevic

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