Illuminate - AugenBlicke
Ø 1/2
Gallery Records/Nuclear Blast
(D/27. 9. 2004)
Seit mehr als zehn Jahren sorgen Johannes Berthold und Konsorten brav für sämtliche Schwarzkutten: Gothic-Schlager für die Harten, romantische Sounds für den Rest. 25.09.2004
Das Konzept, stets in der Nähe der Schlagermusik zu bleiben, scheint aufzugehen: Illuminate werden mit jedem Album erfolgreicher - auch wenn sich musikalisch seit langer Zeit nicht viel getan hat und Johannes Berthold mehr aus dem Fundus vergangener Platten plündert.
Als das Illuminate-Mastermind 1999 "... letzter Blick zurück" verkündete, war das eine glatte Lüge. Berthold schaute nicht zum letzten Mal zurück, damals nicht, bei den folgenden Alben auch nicht und jetzt noch weniger. Immerhin zitiert er sich auf "AugenBlicke" nicht mehr so offensichtlich selbst. Konsequent geht er ein paar Schritte weiter nach hinten und versucht mehr Elemente seiner ersten drei Alben zu verwenden, um sie fit fürs neue Jahrtausend zu machen. Was sich auf dem Reißbrett sehr gut anhört, geht aber letztlich in die Hose. Die fröhlich-romantischen Stücke schrammen immer wieder am Kitsch entlang, von der alten Düsternis keine Spur. Somit entgehen sie selten der honigsüßen Schlagerfalle. OK, gelogen - bis auf eine Nummer entgehen sie der Schlagerfalle nie.
Fairerweise wollen wir vom Aussehen der neuen Sängerin Conny Schindler nicht gleich auf die neuerliche Schlagernähe schließen. Schuld an allem ist einzig und allein der Songwriter - und das ist Johannes Berthold, der seine Texte völlig unverschlüsselt auf den Hörer losläßt. Mehr Metaphern und Gleichnisse, mehr Symbole, und Berthold könnte sich die ewigen Anfeindungen ersparen. Wenigstens erreicht er auch mit seinem direkten Stil gelegentlich großartige Momente, die sich perfekt mit der sehnsuchtsvollen Musik verbinden. "Augenblick" ist ein solches Lied; sein Text ist erzählerisch hervorragend, und wem bei der Zeile "Ich dacht ich hätte sie gesehen, dort in der ersten Reihe stehen, alleine einsam wie gebannt" keine Gänsehaut kommt, der ist ein gefühlloser Klotz und wird zu einem Monat Ballermann-Aufenthalt verurteilt, mit allem Drum und Dran. Leider ist "Augenblick" als Nummer neun der letzte Song des Albums, und auf weitere Highlights werden wir bis zur nächsten Platte warten müssen.
Leider hat es also auch diesmal nicht für ein Meisterwerk gereicht. Jene, die Illuminate von Beginn an kennen, werden traurig an den Charme der ersten Platten und die alte Zeit der Düsterromantik denken. Sie scheint wirklich endgültig Vergangenheit zu sein.
Illuminate - AugenBlicke
Ø 1/2
Gallery Records/Nuclear Blast
(D/27. 9. 2004)
Die einstigen Crossover-Helden aus Braunschweig zeigen, daß sie auch musikalisch noch am Leben sind und retten sich damit vor der Bedeutungslosigkeit.
Im Jahr 2000 wurden sie gefeiert. Dann lösten sie sich einfach auf. Oder machten eine Zwangspause. Und jetzt sind sie wieder da.
Powermetal mit Humor gibt es nicht? Dann sollten Sie in die vorliegende Platte reinhören. Die kann es noch dazu mit fast jedem Klassiker des Genres aufnehmen.
Der Mensch wird zum Tier. Denn Urgewalten rasen aus den Lautsprechern, wenn im Laufwerk die neueste Scheibe der Ungarn rotiert.
Kann das denn sein, find ich den Reim nicht? Was ist bloß los, ich bin doch famos, nicht? Denn ich mach HipHop und bin immer top. Oder?
Viele Bands erleben mit neuen Musikern ihren zweiten Frühling. Leider scheint in Wales immer noch tiefster Winter zu herrschen.
Kommentare_