Platten_JoJo - JoJo

Soul aus der Sandkiste

Die Pop-Szene hat Britney Spears, der Rock Avril Lavigne und Jeanette. Nun soll auch der R´n´B seinen eigenen Kinderstar bekommen. O ihr Musikgötter, warum nur?    15.08.2004

Verflucht nochmal! Wann hört endlich der Wahn auf, kleine Kinder zu mißbrauchen und sie vors Mikrophon zu stellen? Nur damit sie dann eventuell Knall auf Fall Stars werden und letztlich als persönlichkeitsgestörte Teenies oder Twens enden, die bei Interviews losheulen und auf eine Laune hin heiraten, sich scheiden lassen und sich gleich darauf wieder verloben?

Wir werden sehen, ob JoJo dieses Schicksal erspart bleibt. Die Kleine ist erst dreizehn und bildet sich ein, in derselben Liga wie Toni Braxton oder die selige Aaliyah mitspielen zu können. Kein Wunder, erscheint ihr Album in Amerika doch bei Blackground Records, der Heimat dieser zwei Ikonen des Busineß. Doch diese Sandkiste ist ein bißchen zu groß für sie, also macht sie darin trotz hochhackiger Schuhe keine besonders gute Figur.

Immerhin ist die Musik auf JoJos Debütalbum streckenweise gelungen, auch wenn sich ihr R´n´B nicht über den Standard hervorheben kann. Die meisten Lieder plätschern belanglos dahin; Highlights sind dünn gesät - wie etwa das gleich nach dem Opener kommende "Baby It´s You", dem eine schöne Percussion zugrundeliegt. Diese gibt einen Minimalismus vor, dem sich JoJos größte Schwachstelle wohltuend unterordnet: die Stimme nämlich. Ausgerechnet ... und das, wenn´s um den Soul geht! Es ist leider nicht zu überhören, das es ein kleines Gör ist, das da über Sachen wie Liebe und so weiter singt. Das alles mag man ihr nicht so recht abkaufen, dann schon eher ihre eigenen Little-Girlie-Geschichten.

Bevor es zu monoton wird, setzt wenigstens die Elektronik interessante Aspekte in den Soul, bei "The Happy Song" etwa, der sonst hoffnungslos untergehen würde und übrigens ganz und gar nicht lustig ist. "Homeboy" funktioniert da schon eher, doch bei dem Titel denkt man auch mehr an die Prolo-Mode aus irgendeinem Modegroßmarkt als an Musik.

Tja, und so säuselt und flötet sich JoJo durch die 14 Tracks des Albums, bis sie sich selbst "Fairy Tales" erzählt. Ein Märchen ist die ganze Geschichte auf jeden Fall, wenn man eine 13jährige als ernstzunehmende Soul-Sängerin akzeptieren will. Wer in dieser Märchenwelt lebt, für den ist auch Britney Spears ein ausgeglichener Mensch und Jeanette Biedermann nicht einfach nur ein hübsches Mädel, sondern eine gute Rock-Sängerin. Alles falsch also.

Milan Knezevic

JoJo - JoJo

ØØ


Blackground Records/edel

(USA/19. 7. 2004)

 

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