Platten_Maritime - Glass Floor

Glasklar

In so manchen Liedern vieler Bands kollidieren Welten. Aber manchmal geschieht das auf verträumte, ja sogar liebliche Art und Weise - wie uns drei Buben aus Amerika beweisen.    04.07.2004

Maritime führen uns auf den "Glass Floor" der Musik. Noch nie gehört von der Band? Kunststück. Eigentlich stammen sie ja aus den Staaten, selbst wenn sie sich partout nicht so anhören wollen. Wieder einmal ist es dem Label Grand Hotel van Cleef von Thees "Tomte" Uhlmann und Reimer "Kettcar" Bustorff zu verdanken, daß sich zumindest in Bezug auf den Bekanntheitsgrad des Trios etwas ändern könnte. Das große Hotel vollbrachte abermals das sonderbare Kunststück, eine Band zu finden, die sich mit ihren Sounds sofort in die Herzen der Hörer spielt.

Rotiert der "Glass Floor" der Maritimes im Player, so scheint es dem Hörer, als würde er auf einem durchsichtigen Fußboden stehen, unter dem sich die Musik der Vergangenheit mit all ihren Facetten und besonderen Schönheiten erstreckt. Sänger Davey von Bohlen intoniert die Akustik-Popsongs seiner Band mit einer zerbrechlichen Stimme; dazu spielt er leise Gitarre, die zum Träumen verleitet. Schon wähnt man sich in einer Zeit, als The Smiths in ihrer Hochblüte waren. Gemeinsam mit seinen beiden Kumpanen, dem Bassisten Dan Didier und Schlagzeuger/Fußball-Fan ("Football ... by wich I mean soccer!") Eric Axelson läßt Davey Welten in feinfühlig auskomponierten Songs kollidieren.

Die Maritimes machen die Lieblingsbeschäftigung vieler, "Sleep Around" nämlich, zu einer Hymne mit vielen "Ahs" und "Uhs" und packen auch noch romantisches Alltagsleben in das Lied. Sogar das Zeitunglesen geht sich in dem nicht einmal dreieinhalb Minuten dauernden Song aus ... Die Maritimes haben nämlich viel zu erzählen. Es ist, als würden sie mit ihrem Publikum in die Tiefen des Meeres abtauchen, wo alles dunkel ist und doch noch so warm, daß man sich geborgen fühlt. Oder sie führen mit ihren Liedern an irgendeine verstaubte Straßenecke in irgendeiner Großstadt, wo es einem trotz der widrigen Umstände gut geht. Selbst "If All My Days Go By" - wenn man die Einstellung der Maritimes hat, ist einem das herzlich egal.

13 Songs später ist das kleine Meisterwerk zu Ende. Es sind 13 Songs voll gutverdaulichem Pop und süßen Melodien, weit weg vom eintönigen Alternative-Indie-Nonsens ihrer amerikanischen Heimat. Zu glasklar ist die Musik, als daß die Maritimes irgendwelche Unzulänglichkeiten verstecken könnten.

 

Milan Knezevic

Maritime - Glass Floor

ØØØ 1/2


Grand Hotel van Cleef/IBMG

(USA/30. 5. 2004)

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