Platten_PopRockRotation/Vol. 5

It´s only Rock´n´Roll

Diesmal rocken: Bloodjunkies, Burning Brides, David Grubbs, die Red Hot Chili Peppers und Sons And Daughters. Wer die anderen um Notenlängen schlägt, erfahren Sie hier.    04.09.2004

 

Milan Knezevic

Bloodjunkies - Maladies

ØØ 1/2


I Used to Fuck People Like You in Prison Records/edel

(USA/17. 5.1004)

 

Verdammt und verflucht noch mal! Wieso zündet das Bloodjunkies-Album nicht? Dabei ist "Maladies" doch nicht so schlecht! Es bringt Gothic- und Punk-Rock, schwitzt folkig das Südstaaten-Flair heraus und hat dementsprechend viel Country-Feeling. Aber es bleibt dabei: Das Seitenprojekt mehrerer Damnation-Mitglieder will nicht überzeugen - wohl deshalb, weil es wegen seiner düsteren Atmosphäre zu sehr aus der Gruft kommt und so etwas beim Folk/Country einfach nicht funktionieren will. Liegt´s vielleicht auch daran, daß der auf dem Promozettel nicht zu überlesende Hinweis auf New Model Army und Johnny Cash die Erwartungshaltung in eine komplett andere Richtung gelenkt hat? Stimmt schon, das Zusammenspiel von Drummer Robert Shawn und Basser Al G hört sich streckenweise an wie das von Robert Heaton und Nelson, doch der Bariton von Frontmann Shaun Kama paßt einfach nicht immer zu den Tracks. Wenn er dann NMAs "51st State" und "Green & Grey" anstimmt, ist das zwar fein, weil diese Songs sofort zünden, doch die Band bleibt trotzdem weit hinter der Qualität der Army zurück.

All ihr Punks, Goths, Rednecks und Rockers - hört selbst, macht euch ein Bild. Und bitte: Denkt nicht an New Model Army, nicht an den seligen Cash und nicht an Danzig. So werdet ihr nicht zu Junkies, schon gar nicht zu Bloodjunkies.

 

Links:

Burning Brides - Leave No Ashes

ØØ


V2/Rough Trade/edel

(USA/6. 9. 2004)

 

Smarter Rock, gelegentlich mit seinen Momenten, doch leider ohne Überraschungen, ohne einen einzigen Gassenhauer. Will man etwas Rockendes hören, rechnet man damit, daß der eigene Hormonhaushalt durcheinandergebracht wird. Dann will man am liebsten Mitgrölen und haufenweise - politisch inkorrekt, ist aber so - Weiber umlegen. Wirklich, haufenweise.

Was machen die Burning Brides stattdessen? Sie wollen die Mädels am liebsten anzünden, wenn man ihrem Namen Glauben schenken will. Sicher sind die Stücke nicht schlecht, aber dennoch viel zu zahm, um zu zünden. Ein paar gute Songs haben sie, "Leave No Ashes" zum Beispiel. Wenn es dann darum geht, "To Kill A Swan", so ist der Stoner-Rock nicht trocken genug. Eine Faustregel der Musikgeschichte besagt: Wenn man gut rockt, bringt man auch gute Balladen zusammen. "Pleasure in the Plain" ist eine (country-eske) Ballade. Und sie klingt wie das, was Bon Jovi heute machen.

Sprich: Die Bräute brennen nicht.

 

Links:

David Grubbs - A Guess at the Riddle

ØØ


Drag City/Fat Cat /Indigo

(USA/28. 6.2004)

 

David Grubbs machte bei Squirrel Bait mit, bei Bastro und bei Gastr Del Sol - alles Gitarrenmusik irgendwo zwischen Rock und Avantgarde. Auf seinem vierten Album präsentiert der Kunstdozent eine Mischung aus sprödem Postrock, Jazz und Country/Folk. Ist er zu Beginn von "A Guess at the Riddle" noch flott melancholisch und rockend unterwegs, wandelt er sich später immer mehr zum Singer/Songwriter, setzt sich schon einmal hinters Klavier oder erinnert sich an den Post-Rock seiner Vergangenheit in Chicago. Und Experimente wagt er auch - mit elektronischen Parts, die eigentlich nur verstören.

Alles in allem ungewöhnliches Album. Und schwer gewöhnungsbedürftig.

 

Links:

Red Hot Chili Peppers - Live in Hyde Park

ØØ


Warner

(USA/26. 7. 2004)

 

Nach zahlloser B-Seiten-Verramscherei, einem Haufen Bootlegs und anderem unnötigen Schwachsinn erscheint nun das erste Live-Album der Red Hot Chili Peppers.

Wer die Band schon einmal live gesehen hat, wird ahnen, warum sich die Funk-Götter solange Zeit gelassen haben. Und wirklich - selbst "Live in Hyde Park" kann Anthony Kiedis seine Stimme nicht kontrollieren. Turnen aber sehr wohl, nur sieht man davon auf einer Audio-CD nix. Immerhin konnte man aus drei aufgenommenen Tagen die bestmöglich vorgetragenen Stücke zu einer Doppel-CD zusammenschneiden, um das Manko des Zappelmäxchens irgendwie auszugleichen. Und es stimmt die Musik, die aus den Instrumenten der Herren Flea, John Frusciante und Chad Smith strömt. Nur Live-Feeling gibt´s nicht. Also ist die Platte irgendwie überflüssig.

 

Links:

Sons And Daughters - Love the Cup

ØØØØ


Domino/Rough Trade/edel

(GB/6. 9. 2004)

 

Die Höhen der Highlands können so hoch nicht sein, daß da nicht dann und wann gute Musik ins Tal herabkommt und über den Kanal auch nach Rest-Europa schwappt.

Domino Records bewiesen schon mit Franz Ferdinand ein solch glückliches Händchen. Nun folgen Sons And Daughters mit ihrer "Love the Cup"-EP. Zwei Söhne und zwei Töchter machen sich daran, mit minimalistischen Weisen ihren genial archaisch klingenden Highland-Folk, in Szene gesetzt durch Ailidh Lennon an der Mandoline (ebenso Baß und Piano!) und traditionellen Rock, ein wenig gepaart mit Blues, schön rauh und ungeschliffen unters Volk zu bringen. Vorwiegend legt Adele Bethel ihre angenehme Alt-Stimme über die tiefgestimmten Gitarren, manchmal von Scott Paterson abgelöst, dann wieder gemeinsam wie in "Johnny Cash".

Die Söhne und Töchter verschiedener Eltern haben es nicht nötig, mit unnötigem Schnickschnack auf sich aufmerksam zu machen. Man hört auch so hin. Denn sie sind verdammt gut.

 

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