Regicide - Viorus
ØØØØ
Fame Recordings/BMG
(D/30. 8. 2004)
Was ist der Unterschied zwischen Progressive- und Art-Rock? Wie passen (harter) Rock, Folk und Gothic dazu? Ein Septett aus Oldenburg hat die musikalische Antwort. 29.08.2004
Der Vorhang geht auf. Die Musik beginnt zu spielen. Und der Zuhörer will beinahe schon flüchten. Zuviel des Guten ist "Behind His Eyes", mit dem die siebenköpfige Truppe Regicide auf ihrem Debüt "Viorus" loslegt. Allerlei Stile vermischen sich da: Rock, gepaart mit Klassik, folkloristische Anleihen, etwas Gothic und ein wenig Metal, dazu der Wechselgesang von Frauke Richter und ihrem Gegenpart Timo Südhoff, der dazu noch genauso klingt wie Chad Kroeger von Nickleback.
Was Regicide alles in dieses unübersichtliche Sound-Knäuel des Openers hineingesteckt haben, entwirren die Oldenburger fein säuberlich auf den folgenden Tracks. "Funeral of Tears" ist ein episches Midtempo-Rockstück, bei dem man zu Beginn Mr. Ville "Him" Valo zu hören glaubt.
Doch nun hat sich der Vorhang endgültig gehoben, und die Bühne gehört ganz allein Heiner Jaspers hinter dem Klavier, der Violistin Jonna Wilms, Jan Janssen mit seiner Gitarre, den beiden Bassisten Christian Hanke und Malte Hunold, Drummer Til Kasmann sowie den Duettpartnern. Auch wenn Produzent Chris Wolff zu sehr an seine anderen Schützlinge Within Temptation gedacht und den Sound etwas zu glatt produziert hat, ist seine Konzentration auf die beiden Frontpeople hier sinnvoll. Immerhin sind ihre Stimmen um einiges besser als die von Sharon van Adel. Frauke und Timo vermitteln einmal Härte und Energie, dann wieder Verletzlichkeit und nachdenkliches Verträumtsein. Und immer dominieren sie unaufdringlich die Musik, auch wenn die wie bei "The Fragrance" aus einem kraftvollen Zusammenspiel von Klavier und Violine besteht.
Nun wissen wir, wozu Regicide imstande sind. Die ersten Tracks kann man sogar als eine Ouvertüre sehen, denn mit "Mastery Demise" kommen die sieben Musiker erst richtig in Fahrt. Einige Rhythmuswechsel, dazu epische Violinenklänge und Timos unheilverkündende Erzählerstimme entführen den Hörer in eine Fantasy-Welt. Der Song ist progressiv, ohne auch nur eine Spur zu verfrickelt zu sein. Art-Rock mit Streichern und Klavier eben. Daß so etwas noch perfekter klingen kann, wird selbst dem letzten Zweifler beim zweigeteilten Stück "An Embracing Space - Part 1 & 2" bewußt. Die Oldenburger spielen mit ruhigen, lieblichen Parts und lassen unheilschwangere Töne folgen; wunderschöne Gesangslinien verwandeln sich plötzlich in einen aufwühlenden Sturm und münden in eine Hymne - kein Wunder, behandeln die Lyrics doch das Thema Schizophrenie.
Die norddeutsche Band hat es geschafft, Stile wie Hardrock, Folk und Gothic mit dem Progressiven zu verbinden und ein Art-Rock-Album zu schaffen, das zwar ein wenig Geduld erfordert, die man im Gegensatz zu so vielen anderen Platten allerdings schon beim ersten Hördurchgang aufbringt. Und dann drückt man eben wieder auf die Play-Taste.
Regicide - Viorus
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(D/30. 8. 2004)
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