Platten_The Casualties - On the Front Line

Drei Akkorde sind die Welt

Was braucht Punk mehr als einen Musiker, der seine Gitarre halten und bestenfalls "Anarchy in the UK" runterschrubbeln kann? Nichts!    24.07.2004

Vier Jungs, von denen bis auf einen alle unweigerlich eine kesse Irokesenfrisur haben. Die Kleidung? Natürlich Lederjacken mit vielen, vielen Nieten, darunter Band-T-Shirts. Und Lederarmbänder dürfen auch nicht fehlen. So schauen die New Yorker The Casualties aus: wie klassische Punks. Was sie machen, ist klassischer Punkrock, der einem die Eier kribbeln läßt. Das liegt nicht zuletzt an der Arbeit des Punk-Produzenten Bill Stevenson, der Bands wie Black Flag oder Good Riddance einen soliden und knackigen Sound verpaßte. Genauso gewissenhaft war auch Stevensons Arbeit beim fünften Album "On the Frontline" des Ostküstenquartetts.

Die Platte beginnt mit einem Intro. Aber was für einem! Eine Kompanie Soldaten marschiert auf, und der phantastisch gespielte Baß wummert wie verrückt, bis das Schlagzeug von hinten nach vor drischt und sich die netten Gitarren dazugesellen. Geil!

Da steht unserem Peter Punker der Mund offen, aber nicht wegen des Biers in seiner Hand, das er eigentlich gerade trinken wollte, bevor der Krawall begonnen hat. Vielmehr wegen des zackigen Eastcoast-Punk. Das Intro hat ihn gefangen genommen und hält ihn fest ... und geht dummerweise gleich in "On the Frontline" über. Jetzt kann er schon wieder keinen Schluck nehmen, denn jetzt springt er, unser Peter Punk. Weil´s ihm gefällt. "Leaders of Today" folgt. Na ja, wenn der Refrain nicht weniger melodiös wäre als der des Vorgänger-Songs, würde unser Peter glauben, es sei das gleiche Lied. Kein Unterschied zwischen den Riffs und dieselbe überschlagende Stimme von Frontman Jorge, dann der Chorus, den man leicht mitgrölen kann. Punkt.

Man kann einiges aus den Songs herausholen. So ist "Tomorrow Belongs to Us" eine kleine Punk-Hymne mit einem 100-Prozent-Ohrwurmfaktor, was sich bei "Marching Joe" auch nicht ändert, dessen Oooh-oooohs einfach zu einladend sind. Und Peter Punk hüpft und hüpft.

Erst wenn die Casualties bei den mittelmäßigen Nummern wie "Media Control" und "Death Toll" ankommen, kann er endlich zu seinem Bier greifen. Dummerweise hat er alles verschüttet. Blöd für Peter Punk, wenn Musik streckenweise so mitreißen kann! Gut für die anderen Hörer und gut für die Band.

Milan Knezevic

The Casualties - On the Front Line

ØØØ


Side One Dummy

(USA/1. 3. 2004)

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