Vanilla Ninja - Traces of Sadness
ØØØ
BROS/Sony
(Estland; D/7. 6. 2004)
Vier Mädchen, die so etwas wie härteren Rock machen, um damit in den Charts zu landen? Gibt´s doch nur, wenn es eine Superstar-Retorten-Band ist ... 24.07.2004
Aus dem kalten Estland stammen die Girls von Vanilla Ninja und haben einen Menschen in Deutschland gebraucht, um ganz groß rauszukommen. Nein, zum Glück nicht Dieter Bohlen. Im Gegensatz zu dem, was der zusammenschustert, ist deren Musik ist nämlich gut. Ehrlich. Zumindest dann, wenn man 80er-Hardrock mit Synthesizern mag.
Die kleinen Gören rocken so brav, wie es ihnen Songschreiber David Brandes (nur die Initialen erinnern an den Bohlen, sonst nix) vorschreibt. Die vier klingen, als wären sie nicht in den Achtzigern geboren worden, sondern hätten damals schon gelebt. Dementsprechend bombastisch bauen sich Synthie-Wände auf, wenn sie rocken, dementsprechend auf die Tränendrüsen drücken ihre Balladen. Unnötig zu erwähnen, daß die Songs allerspätestens bei den Refrains zu Ohrwürmern werden und beim oftmaligen Anhören ihren Reiz verlieren. Mainstream-Eighties eben.
Bestreiten wird hoffentlich niemand, daß die vier Girlies geschickt in Szene gesetzt sind, dafür wirkt das Rocker-Gehabe viel zu unnatürlich. Welches Mädel hört schon R´n´B oder Portishead und macht härteren Rock?
Doch Brandes sind mit "Tough Enough", "Liar", der Ballade "When The Indians Cry" oder "Looking For A Hero" einfach gute und abwechslungsreiche Songs gelungen, so wie er es auch geschafft hat, die richtigen Mädels zu finden, die seine Songs perfekt auf Platte und sexy in ein Video bringen können. Doch auch der Produzent verkalkuliert sich manchmal - und das nicht wegen einiger Längen auf dem Album, denen natürlich gute Songs gegenüberstehen. Gründlich verrechnet hat er sich hingegen mit dem trashig angehauchten "Metal Queen" - denn solches Zeug nimmt seinen Schützlingen niemand ab.
Und die Lyrics? Bös, böser, am bösesten. Leider nicht durch satanistische Texte, in denen sich die Mädels gegenseitig meucheln oder opfern. Böse sind sie nur als Verbrechen am guten Geschmack, wenn man solche Zeilen wie "Baby only the strong will survive/All the mysteries of life" hört. Hossa, da regiert der Schlager-Schwachsinn auf englisch.
Bleibt abzuwarten, was nach dem Debüt der Girlies kommt. Wäre schon fein, wenn sie weitermachen und zuvor den Texteschreiber feuern würden. Und hoffen wir, daß Brandes ihnen nicht allzuviel Freiraum lässt, sodaß die eine oder andere von ihnen auf die Idee kommt, eventuell selbst Songs zu schreiben. Die wären dann nämlich garantiert nichts für den 80er-Rockfan, sondern ganz sicher das, was man heute von jeder anderen gecasteten Band hört.
Vanilla Ninja - Traces of Sadness
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(Estland; D/7. 6. 2004)
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