Editorial_10. 11. 2006

Nostalgie und Unfug

Immer dasselbe: Die Ewiggestrigen plappern, die Heute-Trendigen regen sich auf - und die mörderischen Einsparer gestalten die "Beschäftigungspolitik" von heute.    21.11.2006

Werte EVOLVER-Leser und -innen!

 

Dem Vernehmen nach hat sich wieder irgendein Epigone aus den gruftigen Tiefen der säbelrasselnden Bubenbanden-Abteilung mit einfältigem Geschnatter über die Beschäftigungspolitik im Dritten Reich an die parlamentarische Oberfläche gespült – ganz so, wie es ihm sein früherer Herr vorgemacht hat. Kolportiert wurde, daß sich im Kern des reflektionsfreien Äußerungsschwalls besagten Politikers die Ansicht verberge, daß nicht alles am Nationalsozialismus schlecht gewesen wäre. Klar ist so eine Aussage dumm und falsch, und natürlich war am Nationalsozialismus alles schlecht.

Wie kann man heutzutage noch immer Steuergeld dafür verplempern, daß ein Parlamentarier über Pluspunkte einer halbwegs vergangenen Phase unserer Gesellschaft sinniert, von der lückenlos bewiesen ist, daß sie die Welt an den äußersten Rand des völligen, irreversiblen Ruins getrieben hat? Alle Toten, Verstümmelten, Vertriebenen, Verstrahlten und psychisch Geschädigten des Zweiten Weltkriegs lasten in letzter Instanz auf den Gewissen Hitlers und jener, die ihm den Weg geebnet haben. In alles, was sie hinterlassen haben, hat sich für immer Menschenblut hineingefressen. Mit der Beschäftigungspolitik im Dritten Reich würde ich mir also nicht einmal den Hintern auswischen - aber im Parlament wird einer dafür bezahlt, daß er sie lobend in den Mund nimmt. Das ist der absolute Gipfel an Frechheit und Wählerverarschung. Wenn man sich dann noch dazudenkt, daß genau solche Leute durch die Koalition mit einer anderen politischen Partei in die Regierungsposition gekommen sind, kriegt man das Grausen. Es bedeutet nämlich, daß eine Mehrheit der Bevölkerung in Österreich gedankenlos eine derart hirnrissige Vergeudung ihrer Steuergelder mitlegitimiert.

 

Aber Schluß mit dem Horror-Hirngewichse. Zum Glück schmieren wir beim EVOLVER keine Vogelkacke an unsere Wände. Stattdessen konsumieren wir Filme, Musik und viele anderen Güter und Dienstleistungen und beschreiben, was wir davon halten. Weblogs sind der letzte Schrei im Internet? Der EVOLVER macht das seit zehn Jahren.

 

In diesem Sinne: Viel Spaß beim Lesen wünscht

 

Klaus Hübner

(EVOLVER-Herausgeber und Chef-Nationalbolschewik)

 

Klaus Hübner

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