Kino_Er steht einfach nicht auf Dich

Liebe: ein seltsames Spiel

Der moderne Mensch braucht für alles eine Gebrauchsanweisung. Als Anleitung zum Glücklichsein versucht dieses Episodenstück mit einigen grundlegenden Mißverständnissen zwischen Mann und Frau aufzuräumen. Der Erkenntnisgewinn hält sich dabei ebenso in Grenzen wie der Unterhaltungswert.    05.02.2009

Ein Mann und eine Frau sitzen einander in einer Bar gegenüber. Offenbar haben sie ein "Date". Doch bereits kurze Zeit später trennen sich ihre Wege. Nach der betont freundlichen Verabschiedung scheint der Mann sie bereits wieder vergessen zu haben. Sie hingegen zerbricht sich den Kopf darüber, ob, wann und wie sie sich bei ihm melden soll, ohne daß es gleich allzu aufdringlich erscheint. Gigi (Ginnifer Goodwin) sehnt sich so sehr nach einem Partner, daß sie bereit ist, nahezu jede Peinlichkeit zu ertragen. Sie telefoniert ihrem Rendezvous hinterher, nicht einmal, sondern gleich mehrmals, auch wenn jedes Mal der erhoffte Rückruf ausbleibt. Sie sucht sogar wieder dieselbe Bar auf, in der vagen Hoffnung, den Typen zufällig dort zu treffen. Doch der Angebetete läßt sich viel lieber von seinem besten Freund Alex (Justin Long) verleugnen. Alex ist es schließlich auch, der Gigi einige bittere Wahrheiten über Männer beibringt. Die einfachste: Wenn er sich nicht mehr bei dir meldet, dann hat er auch kein Interesse an dir.

Gigis tragikomische Männerjagd fungiert als Dreh- und Angelpunkt eines weitverzweigten Liebes- und Beziehungskarussells. Der mit dem typischen RomCom-Personal (Jennifer Aniston, Drew Barrymore, Ben Affleck) besetzte Film basiert - wie sollte es auch anders sein? - auf einem besonders in den USA populären Bestseller der beiden "Sex and the City"-Autoren Greg Behrendt und Liz Tuccillo. Lose eingeteilt in einzelne Kapitel, die so prägnante Überschriften wie "Wenn er nicht anruft?", "Wenn er nicht mit dir schläft?" oder "Wenn er mit einer anderen schläft?" tragen, verfolgt er eine Gruppe Mittzwanziger bis Mittdreißiger bei ihren Versuchen, sich zwischen unverbindlichem Date und fester Partnerschaft, zwischen aufregender Affäre und in Routine erstarrter Ehe zurecht zu finden.

Das ist leichter gesagt als getan. Wie auch immer man(n) sich verhält - beim anderen Geschlecht scheinen die eigentlich eindeutigen Signale stets falsche Hoffnungen zu wecken. Das Grundübel, so lernen wir bereits mit der ersten Einstellung, liegt in einer falschen "Programmierung" des weiblichen Gehirns. Insofern trifft die Frauen letztlich ebenso wenig ein Vorwurf. Ob diese Erklärung wissenschaftlichen Standards genügt, darf getrost bezweifelt werden; logisch klingt sie allemal. Aber selbst Männer erliegen nicht selten einer falschen Wahrnehmung, wie das Beispiel von Immobilienmakler Conor (Kevin Connolly) beweist. Der smarte Geschäftsmann ist Hals über Kopf in Anna (Scarlett Johansson) verknallt. Doch die liebt vor allem sich und ihre Freiheit. Statt einer festen Bindung sucht sie das Abenteuer, gerne auch mal mit einem verheirateten Mann.

Zurück zu Gigi: Selbst wenn sie lange Zeit wie ein besonders hoffnungsloser Fall erscheint, müssen sich auch ihre vermeintlich erfahrenen Freundinnen Beth (Aniston) und Janine (Jennifer Connelly) in ihren Beziehungen mit ernstzunehmenden Problemen herumschlagen. Beth ist nunmehr seit sieben Jahren mit Neil (Affleck) zusammen. Während sie ihn lieber heute als morgen heiraten würde, ist er um keine Ausrede verlegen, wieso alles möglichst beim alten bleiben soll. Bei Janine und ihrem Mann (Bradley Cooper) sind es wiederum die Routine und eine andere Frau, die ihre Ehe bedrohen.

 

"Er steht einfach nicht auf Dich", das wird schnell deutlich, kommt weitaus ernster und weniger verklärt als die übliche romantische Komödie daher. Klammert man das für die meisten Charaktere unausweichliche Happy-End einmal aus, so setzen die Autoren Abby Kohn und Marc Silverstein weit weniger auf rosarote Luftschlösser, als dies bei einem Film, der pünktlich um den Valentinstag in unseren Kinos anläuft, zu erwarten gewesen wäre. Dabei kann das Ensemblestück seine Nähe zu Carrie und ihren Freundinnen aus "Sex and the City" zu keiner Zeit leugnen. Den Glamour der Kultserie sucht man hier jedoch vergebens. Statt verbaler Masturbation über die neuesten Manolo Blahniks und hemmungslosen Prosecco-Exzessen zu pflegen, geben sich Gigi, Beth und Janine geradezu bieder und bodenständig.

Den mal mehr, mal weniger paarungswilligen Großstädtern bei ihrem Beziehungsdurcheinander zuzusehen, erfordert mit zunehmender Laufzeit einiges an Sitzfleisch; schließlich läßt sich der Ausgang ohne große Phantasie recht schnell umreißen und erahnen. Während vor allem die Damen nahezu pausenlos über die großen und kleinen Dinge in Liebes- und Beziehungsfragen philosophieren, bleibt jede Leidenschaft früher oder später auf der Strecke. Daran ändert selbst eine wie immer verführerische Scarlett Johansson nichts. Allenfalls die Beobachtungen, die Kohn und Silverstein über moderne Kommunikationserscheinungen wie MySpace und Facebook anstellen ("Oh my God! He myspaced me!"), sind originell und haben Biß.

Die genre-immanente Vorhersehbarkeit wäre noch zu verschmerzen, gäbe es hier und da wenigstens etwas Interessantes zu entdecken. Leider bleiben die Figuren recht eindimensional, was sie dementsprechend schnell langweilig werden läßt. Am ehesten deutet noch die Episode um Anna und ihre Affäre Ben an, daß die als Beziehungsratgeber konzipierte Geschichte womöglich doch mehr als einige hübsch verpackte Geschlechter-Stereotypen anzubieten gehabt hätte.

Marcus Wessel

Er steht einfach nicht auf Dich

ØØ 1/2

(He´s Just Not That Into You)

Leserbewertung: (bewerten)

USA 2009

129 Min.

Regie: Ken Kwapis

Darsteller: Ginnifer Goodwin, Jennifer Aniston, Scarlett Johansson u. a.

Links:

Kommentare_

Kino
Maria, ihm schmeckt´s nicht!

Italienische Verhältnisse

In der süditalienischen Provinz begegnet Christian Ulmens verweichlichter Bräutigam mediterraner Gastfreundschaft und einer Familie im permanenten Ausnahmezustand. Die Verfilmung von Jan Weilers Bestseller ist leichtes Sommerkino und Culture-Clash-Komödie zugleich.  

Kino
Hangover

Kater-Bestimmung

Wer zuletzt die öde Beziehungskomödie "Love Vegas" durchlitten hat, mag kaum glauben, daß ein Filmriß in der Glücksspielmetropole auch eine ungemein unterhaltsame Sache ergeben kann. Hier werden selbst hartgesottene Skeptiker eines Besseren belehrt.  

Kino
Filmvorschau Juli

Hot time, summer in the city

Obwohl das derzeitige Wetter eher zu "Singin´ in the Rain" animiert, steht der Hochsommer vor der Terrassentür. Marcus Wessel verrät, ob es im kommenden Monat eine sinnvolle Alternative zum Strandbesuch gibt. Eines vorab: Der Zauberlehrling ist´s bestimmt nicht.  

Kino
The Limits Of Control

Kontrollverlust

Jim Jarmusch gilt als einer der letzten großen Independent-Filmer des amerikanischen Kinos. Doch dieser Status ist jetzt in Gefahr. Mit seinem neuen, kryptischen Road-Movie-Thriller liefert der Wahl-New-Yorker enttäuschendes Kunstkino zum Abgewöhnen.  

Kino
Illuminati

Langdon, übernehmen Sie!

Nach seinem zumindest kommerziell überaus erfolgreichen ersten Kinoausflug in "Der Da Vinci Code" darf der von Tom Hanks verkörperte Experte für religiöse Symbolik erneut einen sakralen Hindernis-Parcours bewältigen. Ron Howards Film liefert mit maximalem Aufwand minimale Unterhaltung.  

Kino
X-Men Origins: Wolverine

Backenbart im Setzkastenkino

Hugh Jackman schlüpft ein viertes Mal in die Rolle, die ihm seinerzeit den internationalen Durchbruch einbrachte. Das vom Südafrikaner Gavin Hood ("Tsotsi") inszenierte Mutanten-Spektakel erkundet den Ursprung des Wolverine-Mythos. Doch nach einem forschen Auftakt wird´s leider bald zu einer zähen Geisterfahrt.