Musik_Casiotone For The Painfully Alone - Etiquette

Der einsame Seelenversteher

Hätte Owen Ashworth je gelernt, beherzt in die Saiten zu greifen, wäre aus ihm wohl ein traditioneller Songwriter geworden. Zum Glück erschienen ihm Keyboards als die praktischere Wahl.    13.04.2006

Hier weiß der Hörer gleich zu Beginn, woran er ist. "You are listening to 'Etiquette' by Casiotone For The Painfully Alone." Im Intro stellt sich das Album selbst vor und beugt damit den Folgeerscheinungen übermäßigen Gebrauchs vor, bei denen man nicht mehr sicher sein kann, welchen Tonträger man eigentlich in Händen hält. Das Beiheft ist längst zerschlissen, an den informativen Stellen mit Kaffeeflecken übersät und selbst die Beschriftung der CD schlecht leserlich, da die dicht an dicht gesetzten Fingerabdrücke über die Worte hinweg spiegeln.

Gut, daß es für diesen Fall noch einen Wegweiser gibt: "You are listening to 'Etiquette' ....", das dir seine Freundschaft anbietet, die du nicht so einfach ausschlagen kannst. Das mittlerweile vierte Album von Casiotone For The Painfully Alone ist kaum zu einem Dasein als Staubfänger im Regal geschaffen, sondern vielmehr zum Herzerwärmen - nicht nur in trauerumwölkten einsamen Stunden, auch wenn das der Künstlername rät. Tatsächlich zog sich Owen Ashworth für die Arbeiten an "Etiquette" zum ersten Mal nicht in sein Schlafzimmer zurück, um dort mit batteriebetriebenen Instrumenten und gelegentlicher Einmischung von Freunden das Arrangement seiner Songs knapp zu halten. Auf "Etiquette" muß sich vieles Ashworths elektronisch gesetzter Handschrift unterordnen. Der intime Charakter der auf angenehmer Sparflamme gehaltenen Kompositionen ist immer noch deutlich. Spürbar wird er im Detail durch das Weiterreichen des Mikrophons. Durch den Wechsel der Stimmen gewinnt die in die Stücke gelegte Nähe an Schattierungen. "Scattered Pearls" und "Holly Bobby (Version)" etwa erhalten durch die weiblichen Leadvocals eine charmante Süße. Wie selbstverständlich funktioniert das Spiel mit der Distanz, das Abtauchen aus der Klarheit in die Vertrautheit und der Schritt vom objektiven Erzählen zum subjektiven Ergründen. "Love Connection" am Ende von "Etiquette" klingt mit einer Wiederholungsschleife aus: "Some things are best left unsaid". Das mag auf vieles zutreffen, aber sicher nicht auf die auf diesem Album versammelten Geschichten.

 

Casiotone For The Painfully Alone tritt im Rahmen des "Gravity"-Festivals am 13. Mai im Wiener Planet Music auf.

Bernadette Karner

Casiotone For The Painfully Alone - Etiquette

ØØØØ 1/2


Tomlab/Soul Seduction (USA 2006)

 

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Kommentare_

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