Musik_Der Blutharsch - The Moment of Truth

Unter der Laterne ...

Frühe HauRuck!-Releases waren meist streng limitiert. Auf der vorliegenden CD macht Albin Julius drei vergriffene Platten seiner Band wieder zugänglich.    07.10.2004

The Moon Lay Hidden Beneath A Cloud war die einzige österreichische Band, die vom leider vor kurzem in Konkurs gegangenen Vertrieb World Serpent in England unter Vertrag genommen wurde. Diese Firma verbreitete in goldenen Zeiten die Werke einflußreicher Formationen wie Nurse With Wound, Coil, Current 93 oder Death in June und baute so ein funktionierendes Netzwerk für Industrial und Neofolk in Europa auf.

Heute gibt es World Serpent nicht mehr, und Moon Lay Hidden ... sind ebenfalls Geschichte. Der Kopf der Band, Albin Julius, startete schon früh sein Nachfolgeprojekt Der Blutharsch, mit dem er die Geister von Beginn an schied: Der von vielen kultisch verehrte und von manchen leidenschaftlich gehaßte Musiker verwendete wie Laibach oder Death in June zweideutige Symbolik und verweigerte jede erklärende Aussage zu seinen Produktionen. (Anm. der Red.: Davon mag man halten, was man will. Ob so oder so: DER EVOLVER duldet keine Zensur. Die überlassen wir gern anderen.) Bis heute zieren Kriegerstatuen die Blutharsch-Cover, und die Musik ist düster-martialisch mit viel Einsatz von Trommeln und Fanfaren.

Auf der vorliegenden Wiederveröffentlichung sind drei extrem seltene Schmankerln aus dem Back-Katalog der Band versammelt: "Der Gott, der Eisen wachsen ließ" war eine Mini-CD, die die Band 1999 auf ihrer Livetour verkaufte. Leicht klingen hier noch die mittelalterlichen Melodien von Moon Lay Hidden … durch, aber auch perkussive Sounds à la Test Dept. sind darauf zu finden.

"The Moment of Truth" erschien im Original als 10-Inch in einer Auflage von nur 303 Stück und ist wesentlich getragener und düsterer als obige Mini-CD. Verzerrte Stimmen und schwermütige Melodien werden mit opernartigem Gesang kontrastiert und bilden ein opulentes Ganzes. Das seltenste Stück von allen aber ist sicher die Nummer "Thank You", die als Vinyl-Single in einer Auflage von nur 66 Exemplaren an Freunde der Band verteilt wurde. Mit dabei ist hier Death-in-June-Mastermind Douglas P., die Instrumentierung gibt sich minimalistisch-klassisch und wird von einer Geigenmelodie dominiert. Auf Ebay wurde dieses gute Stück vor kurzem für über 1000 Dollar verkauft - eine Investition in die vorliegende CD rechnet sich somit ungefähr hundertfach.

Als Bonus haben Der Blutharsch noch eine Gratis-Mini-CD beigepackt, auf der drei alte Songs und der Gassenhauer "Lili Marleen" auf C64-Computern gespielt werden: ein sympathisch-selbstironisches Stück Musik, das überraschend gut klingt und das Album humorvoll ausklingen läßt.

Walter Robotka