Musik_V/A – Fenriz Presents: The Best of Old School Black Metal

Hail, Old School Satan!

Darkthrone. Fenriz. Da werden Kenner hellhörig. Nun lüftet der Finstermann den historischen Mantel eines Genres.    13.10.2004

Black Metal wird gern mißverstanden - oft auch von denen, die sich selbst als Jünger dieser Musikrichtung verstehen. Wie die überwiegende Mehrheit musikalischer Etiketten kam auch der Begriff "Black Metal" erst nach der Musik. Irgendein findiger Kerl stellte fest, daß es Ende der 80er, Anfang der 90er Jahre immer mehr Bands gab, die sich mit eindeutig "satanischen" Inhalten auseinandersetzten. Und weil das Album einer sehr einflußreichen Band den passenden Titel "Black Metal" trug, gab es das plötzlich als Genre.

Nicht lange danach kam dann ein anderer findiger Kerl (oder vielleicht gar derselbe?) darauf, daß diese Bands sich zumeist musikalisch am Florida-Death-Metal orientierten, diesen aber mit düsterer Atmosphäre und Ansätzen klassischer Melodien erweiterte. Und damit hatte Black Metal dann auch einen Sound. Gylve Nagell alias Fenriz - selbst Mitglied von Darkthrone, einer der dienstältesten und sicher auch einflußreichsten Black-Metal-Bands - hat sich bemüht und eine Black-Metal-Compilation zusammengestellt. Diese nennt er simpel und einfach "Fenriz Presents: The Best of Old School Black Metal".

Der Titel sagt ja eigentlich schon alles. Und auch das Tracklisting läßt nicht den geringsten Zweifel aufkommen. Eröffnet wird der Reigen mit "Winds of the Black Godz" von Blasphemy, das auch als Intro für deren Album "Fallen Angel of Doom" fungierte. Danach folgt die Kult-Band Sarcofago, gefolgt von den Metal-Legenden Celtic Frost. Die Schweizer Band prägte in den frühen Eighties das Bild des europäischen Metal maßgeblich, vor allem mit ihren ersten vier Alben. Vom zweiten Album "To Mega Therion" entlehnte Fenriz den Track "Dawn of Megiddo". Danach wird ein Ohr in die aktuellen Ereignisse im Black Metal geworfen, und Nattefrost poltern ein Ständchen für die "Sluts of Hell".

Und schon geht´s wieder zurück in die Vergangenheit mit den Theatermeistern von Mercyful Fate und dem Lied "Evil". Der äußerst talentierte Sänger King Diamond war neben Alice Cooper auch einer der Faktoren, die zum berühmt-berüchtigten Trend des "corpse paint" (Black-Metal-Musiker malen sich mit Vorliebe weiße Farbe ins Gesicht und umranden mehr oder weniger kunstvoll die Augen schwarz, um einen totenschädelähnlichen Eindruck zu erwecken) im Black Metal geführt haben. Danach darf die deutsche Formation Sodom, die eigentlich eher der Riege des Thrash Metal angehört, aber durch ihre brachiale Ausführung auch gern im Black Metal als Inspiration hergenommen wird, ans Eingemachte. Und dann kommt gleich noch eine Kult-Band, nämlich Tormentor mit dem Titel "Elisabeth Bathory".

Nach einem Abstecher in aktuellere Gefilde – und dem ersten Signing auf Fenriz´ eigenem Label Tyrant Syndicate Productions – mit Aura Noir, geht es über einen anderen Thrash-Metal-Einfluß (die guten, alten Destruction) zu Samael. Die stammen ebenfalls aus der Schweiz und gelten, Geschmacksfragen hin oder her, als Vordenker des Genres, sozusagen als ein "Progressive Black Metal"-Act, der immer wieder neue Elemente in die Musik einfließen läßt. Das italienische Gegenstück zu Venom schließt sich direkt an - Bulldozer stellen fest, daß "Whisky Time" ist.

Die letzten fünf Tracks der Compilation sind wie ein Halleluja auf Black Metal: Mayhem (Second-Wave-Black-Metal-Act, der vielen als Startpunkt in dieses Genre gedient hat), Hellhammer (Nebenprojekt von Celtic Frosts Tom Warrior), Burzum (norwegisches Projekt des berüchtigten und höchst polarisierenden Christian Vikernes alias Varg Vikernes alias Count Grishnackh, der wegen Mord an Mayhems Bassist Euronymus verurteilt wurde), Venom (die Band, die dem Genre mit ihrem Album "Black Metal" 1982 den Namen gab) - und abschließend "Dies Irae" von Bathory (neben Celtic Frost und Mercyful Fate wohl die einflußreichste Metal-Band der 80er und 90er, deren Frontmann und Mastermind Quorthon kürzlich verstorben ist).

Viel mehr braucht man über diese Compilation nicht zu sagen. Fenriz reihte einfach Song an Song und erschuf damit eine runde Sache. Ob Kenner des Genres oder absoluter Neuling - hier findet man alles, was in der einen oder anderen Form Black Metal ausmacht. Eine so gelungene Zusammenstellung war sicher keine leichte Aufgabe, vor allem nicht bei einer Musikrichtung, deren Definition und Einflüsse so weitreichend sind; doch Fenriz legte einen mehr als beeindruckende Leistung hin.

:: werwolf ::

Nuri Nurbachsch

V/A – Fenriz Presents: The Best of Old School Black Metal

ØØØØ


Peaceville (Schweden/GB 2004)

 

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