Josh Bazell: Schneller als der Tod
ØØ
Beat the Reaper
S. Fischer (Frankfurt, 2010)
Erst überschlagen sich die Kritiker vor Lob, dann entert der Vielgepriesene sogar die Krimi-Bestenliste von Null auf Eins. Besser kann es für ein Debüt nicht laufen.
Doch wie heißt es so schön: Never believe the hype.
06.07.2010
Der Roman beginnt mit den Worten:
Ich bin also auf dem Weg zur Arbeit und bleibe stehen, um einer Taube zuzuschauen, die im Schnee mit einer Ratte kämpft, und irgend so ein Dödel will mich ausrauben! Mit Knarre natürlich. Er kommt von hinten und drückt sie mir in die Schädelbasis. Sie ist kalt und fühlt sich sogar gut an, nach Akupressur. "Ganz ruhig, Doc", sagt er.
Irgend so ein Dödel. Ha ha, selten so gelacht. (Nämlich 1975, als Dieter Hallervorden mit Nonstop Nonsens herumdödelte, pardon, -blödelte.) Den Dödel kann man Bazell natürlich schwer vorhalten, daran ist der Übersetzer schuld. Für die Geschichte selbst haftet allerdings der Autor.
Die Story ist schnell erklärt: Das oben erwähnte Überfallopfer ist Dr. Peter Brown, seines Zeichens Arzt im Krankenhaus. In Wahrheit heißt er jedoch Pietro Brnwa (gesprochen: Brauna) und war jahrelang als Mafiakiller "Bärentatze" aktiv, bevor er über den Mob auspackte und in den Zeugenschutz kam.
Dank seiner Erfahrung kann Brown den Angreifer in die Flucht schlagen; nur um wenig später im Krankenhaus einen vertrauten Paten auf dem OP-Tisch vorzufinden, der ihn ebenfalls wiedererkennt. Doch weil Brown nicht mehr Brnwa heißt und außerdem den hippokratischen Eid abgelegt hat, tötet er den Mobster nicht, sondern rettet ihm das Leben. Der zeigt aber wenig Dankbarkeit, sondern hetzt seine Killertruppen in das Krankenhaus.
Für den Rest des Tages ist der Doktor bemüht, halbwegs heil aus dieser prekären Situation herauszukommen. Zwischendurch wird in Rückblenden Brnwas Lebensgeschichte erzählt; man erfährt Näheres über seinen Weg zur Mafia, seinen Erfolg, seinen Ausstieg. Aber das ist, ehrlich gesagt, nichts, was man nicht irgendwo schon einmal - und schon besser - gelesen hätte. (Vor kurzem zum Beispiel: in Frankie Machine, von Don Winslow.)
Eines muß man Bazell zugute halten: Er erzählt locker, flüssig, mitunter sarkastisch - gerade, wenn es um den rüden, nervenaufreibenden Betrieb in einem Krankenhaus geht. Aber das alleine hilft auch nicht über die dünne Crime-Story hinweg (die sich eigentlich in der repetierten Biographie eines Killers erschöpft).
Und es entschuldigt erst recht nicht das hanebüchene Ende. Okay, es ist aberwitzig zu lesen, wie sich Pietro - im Kühlkeller für Blutkonserven eingeschlossen - einen Wadenknochen selbst entfernt; aber daß er den dann als Messer gegen seinen Feind einsetzt ... also naja, das ist dann doch zu dick aufgetragen; zumindest für eine Geschichte, die sich zuvor 300 Seiten lang eher zäh dahinschleppt.
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