Chevy Stevens: Never Knowing - Endlose Angst
ØØØØ
Never Knowing
Fischer (D 2011)
Nicht ganz so grausam wie das Debüt, aber immer noch packender als die Mehrheit der Konkurrenz: Die US-Autorin weiß, wie Spannung funktioniert. 28.12.2011
Mit "Still Missing" hat Chevy Stevens bewiesen, daß Fiktion und Realität in einem guten Thriller Hand in Hand gehen. Das Debüt der US-Autorin war ein verstörender Roman, der zu Recht wochenlang auf den Bestsellerlisten ganz weit oben stand. Dementsprechend hoch waren aber auch die Erwartungen an den Nachfolgeband.
Eines vorweg: "Never Knowing" bietet nur halb so viele Greueltaten wie sein Vorgänger - was aber nicht bedeutet, daß der Thriller minder grausam ist. Nur diesmal funktioniert der Schrecken noch viel mehr auf psychologischer Ebene. Da paßt es, daß der Leser die Geschichte - wie bereits in "Still Missing" - aus einer Vielzahl von Sitzungen mit einer Therapeutin erfährt. Das ist freilich nicht sonderlich einfallsreich, enthüllt aber umso besser das schmerzhafte Seelenleid von Heldin Sara.
Dabei beginnt ihre Geschichte ganz harmonisch. Sie ist Mutter einer liebreizenden Tochter. Hat mit Evan den Mann ihres Lebens gefunden. In wenigen Monaten ist die Hochzeit. Sara schwebt im siebten Himmel. Nur ein Wermutstropfen trübt ihr Glück: Sie wurde als Kind adoptiert und würde gerne, bevor sie in den Hafen der Ehe einläuft, ihre leiblichen Eltern kennenlernen. Zu ihrer Freude kann sie tatsächlich ihre richtige Mutter ausfindig machen. Deren Reaktion ist allerdings erschütternd: sie will von Sara nichts wissen. Schlimmer noch: sie bekommt Angst. Furcht vor Sara?
Die versteht die Welt nicht mehr. Welches Geheimnis verbirgt die eigene Mutter? Sara engagiert einen Privatdetektiv, der schon bald die Antwort findet: Sara ist das Kind des Campsite-Killers, der junge Frauen reihenweise vergewaltigte und anschließend tötete; Saras Mutter konnte als einziges Opfer lebend entkommen. Sie gab ihr unerwünschtes Kind zur Adoption frei und tauchte unter.
Durch einen scheinbar dummen Zufall bekommt die Presse Wind von Saras Informationen. Prompt geistert die Nachricht durch die Medien. So kommt es, wie es kommen muß: Der Campsite-Killer nimmt Kontakt zu Sara auf. Er möchte seine Tochter kennenlernen - um jeden Preis.
Während Sara dies mit allen Mitteln zu verhindern versucht, muß sie sich immer öfter die Frage stellen, wieviel von ihrem grausamen Vater in ihren eigenen Genen steckt; hat sie doch selbst immer wieder Aussetzer und Aggressionsschübe.
Nur damit wir uns nicht mißverstehen: Wer jetzt wissenschaftliche Abhandlungen über Genetik erwartet, ist im falschen Buch. "Never Knowing" ist ein lupenreiner Psychothriller, der vielleicht nicht ganz so spannend ist wie Stevens' Debüt, aber immer noch spannender als eine Vielzahl anderer, gleich gearteter Thriller.
Was im wesentlichen daran liegt, daß die Autorin es ohne Mühe schafft, den Leser auf die Seite ihrer Heldin zu ziehen. Sie bettet sie ein in ein soziales Umfeld, eine Familie mit Sorgen und Nöten, Nebenfiguren, die glaubhaft sind - okay, manchmal einen Tick zu gut, manchmal einen Tick zu nervig, aber eben doch lebendig. Und das ist die Hauptsache.
Einzig zum Schluß übertreibt es Stevens: Die Pointe nach der Pointe nach der Pointe sind definitiv zwei Pointen zuviel.
Chevy Stevens: Never Knowing - Endlose Angst
ØØØØ
Never Knowing
Fischer (D 2011)
"Götter der Schuld" werden die zwölf Geschworenen genannt, die im Gerichtssaal über die Schuld eines Angeklagten entscheiden. Nur was, wenn der unschuldig ist, die Beweise dafür aber fehlen? Marcel Feige klärt auf.
Das Romandebüt der deutschen Autorin ist vieles: ein Thriller, ein Familiendrama, eine Rachestory. Vor allem ist es jedoch unbedingt lesenswert, wie Marcel Feige findet.
Hat´s der Schöpfer von Klassikern wie "The Shining", "Carrie" oder "Misery" nach all den Jahrzehnten immer noch drauf? Marcel Feige hat sich in seine neue Kurzgeschichtensammlung vertieft.
Mit einem Robotham kann man für gewöhnlich nichts falsch machen, findet Marcel Feige. Sein neuer Roman ist allerdings eine Ausnahme.
Das muß einem Autor erst einmal gelingen: einen Roman schreiben, in dem nichts passiert. John Grisham hat es geschafft.
Kommentare_