Jo Nesbø: Headhunter
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Hodejegerne
Ullstein Verlag (D 2010)
Schwer zu sagen, was der neue Roman des norwegischen Erfolgsautors eigentlich ist: Ganovenposse, Liebesdrama, Slapstick oder Thriller? Egal, denn eines ist er ganz sicher nicht: Langweilig! Auch wenn der Held diesmal nicht Harry Hole heißt ... 15.09.2010
Roger Brown zieht erfolgreiche Wirtschaftsbosse an Land und vermittelt sie gegen hohe Provisionen an die Top-Unternehmen. Kurzum: Brown ist Headhunter; der Beste seiner Art, kühl, berechnend, gewissenlos - und kriminell. Denn seine Honorare reichen längst nicht mehr aus, um den Lebensstil seiner über alles geliebten, bildhübschen Gattin Diana zu finanzieren.
Deshalb nutzt er das Wissen über seine schwerreiche Klientel, um sie gemeinsam mit einem Komplizen - dem Wachleiter einer Sicherheitsfirma, den er natürlich selbst vermittelt hat - klammheimlich um die wertvollen Kunstgemälde in ihren Häusern zu erleichtern.
Als er eines Abends per Zufall Clas Greve kennenlernt, glaubt Roger sich am Ziel aller Träume: Nicht nur, daß der ehemalige Manager die ideale Besetzung für den Geschäftsführerposten einer neuen, aufstrebenden GPS-Klitsche wäre, Greve ist außerdem Besitzer der "Kalydonischen Eberjagd", einem jahrezehntelang verschollenen, millionenschweren Gemälde von Rubens. Nur noch ein einziger Bilderklau, schwärmt Roger, und endlich kann er seiner Diana das Leben ermöglichen, das sie sich immer gewünscht hat.
Doch als der nebenberufliche Dieb in Greves Wohnung einsteigt, entdeckt er Spuren, die nur einen niederschmetternden Schluß zu lassen: Der Manager hat eine Affäre - und zwar ausgerechnet mit Diana. Noch bevor Roger den Schock richtig verdauen kann, findet er seinen Komplizen tot im Auto.
Roger ist sich sicher: Der Mord galt eigentlich ihm. Trachtet Diana ihm nach dem Leben? Oder führt dieser Greve etwas ganz anderes im Schilde? Fragen über Fragen, auf die der Headhunter keine Antwort findet. Denn als Greve mit der Skrupellosigkeit eines Bluthundes die Jagd auf ihn eröffnet, steckt Roger richtig in der Scheiße - im wahrsten Sinne des Wortes.
Jo Nesbø, hierzulande bekannt für seine unkonventionellen Harry Hole-Krimis, legt mit "Headhunter" seinen ersten Stand-Alone vor. Und was für einen! Aus einer lässigen Ganovenposse wird in Sekundenschnelle ein gemeines Liebesdrama, das kurz darauf in bizarren Slapstick kippt, sich in höchst unappetitlichen Ekel-Trash verwandelt, bevor es in einem bluttriefenden Action-Thriller gipfelt ... Tarantino läßt grüßen.
Und so unbekümmert Nesbø in den unterschiedlichsten Genres wildert, so rasant reißt er den Leser mit immer wieder neuen Wendungen mit. Sicher, vieles davon ist abenteuerlich (eine Verfolgungsjagd mit dem Traktor), überzogen (ein Versteck in der stinkenden Brühe eines Plumpsklos), absurd (vermeintliche Leichen, die wiederauferstehen) - aber in Summe dann doch so unterhaltsam, daß das Finale schneller kommt als man sich wünscht.
Selbst im Epilog hält Nesbø noch eine weitere, grandiose Überraschung parat. Was für ein wunderbarer Trash!
PS: Wer fürchtet, sich für das Lesen von soviel "Schund" genieren zu müssen, hat eine perfekte Ausrede: Sämtliche Einnahmen aus dem Buch fließen in eine vom Autor gegründete Stiftung, die den Analphabetismus bei Kindern bekämpft.
PPS: Jo Nesbø überlegt, ob der Roman nicht schon bald eine Fortsetzung erleben soll. Auf jeden Fall aber wird "Headhunter" sein erstes Buch, das verfilmt wird; die Rechte sind bereits verkauft.
Jo Nesbø: Headhunter
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Hodejegerne
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