Print_Linda Castillo - Blutige Stille

Ganz schnell abgehakt

Dieser Thriller ist eine Enttäuschung: Auf 380 Seiten spielt er mit den Erwartungen seiner Leser - und erfüllt sie am Ende nicht.    22.08.2011

Eines Abends wird in dem kleinen US-Kaff Painters Mill, Ohio, die komplette Familie Plank - Angehörige der schlichten, zurückgezogen lebenden Amish People - niedergemetzelt. Vater und Mutter sowie die beiden Söhne werden hinterrücks erschossen, die beiden Töchter grausam mißhandelt und dann getötet. Bei der Obduktion der Mädchen kommt heraus: Mary, die Älteste, war schwanger, ihr wurde das Ungeborene während der Folter aus dem Leib geschnitten.

Nicht nur für die Polizeichefin Kate Burkholder - selbst einst eine Amish-Frau, bevor sie der Religion abschwor - ein großer Schock. Aber sie nimmt dieses Blutband ganz besonders mit; der schreckliche Tod von Mary weckt die Erinnerung an ein Ereignis in Burkholders Jugend. Sie findet Trost bei Detective Tomasetti, der allerdings selbst schwer an seiner Vergangenheit zu knabbern hat: Vor zwei Jahren wurden seine Frau und seine Tochter heimtückisch ermordet.

 

Eines vorab: Ja, ich gehöre zu Jenen, die bluttriefende, herrlich brutale Thriller mögen. Der Plot von "Blutige Stille" verspricht einiges davon. Und wie es sich gehört, spielt die Autorin bei der nachfolgend beschriebenen Killersuche, die Chief Burkholder gemeinsam mit den vier ihr unterstellten Cops sowie Tomasetti aufnimmt, mit den Erwartungen der Leser.

Die Cops finden allerhand potentielle Täter in Painters Mill, geraten aber durch ihr Handeln und ihr bisweilen arg übertriebenes Gutmenschentum zunehmend selbst unter Verdacht - zumindest beim Leser. Man rätselt fieberhaft und kann die Auflösung des Falls kaum erwarten: Ist es der von Panikattacken gebeutelte Tomasetti? Oder gar einer von Chief Burkholders Vertrauten? Und wenn ja, wieso haben sie diese blutige Tat auf ihr Gewissen geladen?

Doch nein, es kommt ganz anders.

 

Castillo greift auf ... nun, das soll an dieser Stelle nicht verraten werden; für den Fall, daß Sie das Buch wirklich lesen wollen. Nur soviel: Der Showdown ist dermaßen unglaubwürdig, daß er zum Himmel stinkt.

Marcel Feige

Linda Castillo: Blutige Stille

ØØ

Pray for silence

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Fischer (D 2011)

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