Print_Peter De Jonge - Die letzte Lüge

Schattenseiten

Der Verfasser hatte einen guten Lehrmeister: Bevor er nämlich mit dem vorliegenden Roman sein Debüt veröffentlichte, war er Co-Autor von James Patterson. Hat sich das Solo gelohnt?    05.09.2010

James Patterson ist in den USA so etwas wie ein Markenname. Eine Schreibfabrik. Eine Romanmaschine. Alljährlich produziert er Ideen zu einer Vielzahl von Thrillern; doch die wenigsten davon setzt er selbst noch um. Dafür hat er mittlerweile eine Vielzahl von Co-Autoren, die die Bücher schreiben - freilich nach seinen Vorgaben: kurz und zugkräftig die Kapitel, hoch das Tempo, schnörkellos die Figuren. Wo Patterson draufsteht, ist eben irgendwie auch Patterson drin. Die Leser schätzen solche Fließbandthriller, regelmäßig katapultieren sie sie auf die US-Beststellerlisten.

Für die Co-Autoren, die - anders als hierzulande - in den USA auch auf den Umschlägen genannt werden, könnte es keine bessere Reputation geben. So war es nur eine Frage der Zeit, bis Pattersons Teamarbeiter auch Solopfade beschreiten. Peter De Jonge macht mit "Die letzte Lüge" den Anfang.

 

Eines Abends verschwindet die19-jährige Francesca Pena, Aufsteigerin und Musterschülerin einer New Yorker Elite-Uni. Zumindest, wenn man den Aussagen ihres Ex-Freundes David McLain glaubt, einem verschüchterten, enttäuschten Jungen aus ärmlichen Verhältnissen. Als wenig später die Studentin tot aufgefunden wird, schießt sich die Mordkommission auf David als Täter ein. Sein Auto wurde nicht nur am Tatort gesehen, es gibt auch hinreichende Spuren, die belegen, daß der Wagen dem Leichentransport diente.

Einzig NYPD-Detective Darline O'Hara - vormals mit der Vermißtenanzeige betraut - zweifelt an Davids Schuld. Was allerdings weniger handfesten Gründe entspringt, sondern mehr ihrem schlechten Gewissen geschuldet ist - hat sie doch selbst einen Sohn in ähnlichem Alter, um den sie sich zuwenig kümmert.

Allen Widerständen zum Trotz legt sie sich für David ins Zeug, macht dabei aber Fehler über Fehler, bis ihr Chef nicht mehr anders kann: Er suspendiert sie vom Dienst. Jetzt erst recht, denkt O'Hara, und ermittelt weiter. Die Suche nach dem wahren Mörder treibt sie in die düsteren Ecken New Yorks, die man als Tourist nur selten zu sehen bekommt. Und auf die Dinge, die sie dort schließlich entdeckt, möchte man für gewöhnlich auch lieber verzichten.

 

Keine Frage: James Patterson atmet aus jedem Kapitel, jedem Absatz, jeder Zeile: "Die letzte Lüge" hat kurze Abschnitte, einen geradlinigen Erzählstil und ein hohes Tempo. Das Wichtigste aber - und damit geizte De Jonges Mentor in den letzten Jahren bisweilen -: Der Thriller hat eine spannende Story mit überraschenden Wendungen.

Fazit: Manchmal ist es besser, seine eigenen Wege zu gehen.

Marcel Feige

Peter De Jonge: Die letzte Lüge

ØØØØ

Shadows still remain

Leserbewertung: (bewerten)

Heyne Verlag (D 2010)

Links:

Kommentare_

Print
Michael Connelly - Götter der Schuld

Der schmale Grat

"Götter der Schuld" werden die zwölf Geschworenen genannt, die im Gerichtssaal über die Schuld eines Angeklagten entscheiden. Nur was, wenn der unschuldig ist, die Beweise dafür aber fehlen? Marcel Feige klärt auf.  

Print
Katja Bohnet - Messertanz

Kleine Welt

Das Romandebüt der deutschen Autorin ist vieles: ein Thriller, ein Familiendrama, eine Rachestory. Vor allem ist es jedoch unbedingt lesenswert, wie Marcel Feige findet.  

Print
Stephen King - Basar der bösen Träume

Königliches Gemenschel

Hat´s der Schöpfer von Klassikern wie "The Shining", "Carrie" oder "Misery" nach all den Jahrzehnten immer noch drauf? Marcel Feige hat sich in seine neue Kurzgeschichtensammlung vertieft.  

Print
Michael Robotham - Der Schlafmacher

Mut und Konsequenz

Mit einem Robotham kann man für gewöhnlich nichts falsch machen, findet Marcel Feige. Sein neuer Roman ist allerdings eine Ausnahme.  

Print
John Grisham - Anklage

Seifenblase

Das muß einem Autor erst einmal gelingen: einen Roman schreiben, in dem nichts passiert. John Grisham hat es geschafft.  

Print
Greg Iles - Natchez Burning

WTF?

Der Rassenwahn in den Südstaaten Amerikas ist ein Thema, das den US-Autor Greg Iles nicht zum ersten Mal beschäftigt - diesmal allerdings ambitioniert und (fast) ohne Kompromisse.