Heidnische Folklore

"Thrones" ist das mittlerweile vierundzwanzigste Album der britischen Neofolk-Band Sol Invictus. Tony Wakeford, heutzutage das einzige dauerhafte Mitglied der Band, spielte früher bei Death In June, bevor er sich seinem jetzigen Projekt zuwandte. Auf dem neuen Album hört man vermehrt jazzige Töne - ein Indiz für eine musikalische Neuorientierung der Gruppe?

Die Band Sol Invictus wurde im Jahr 1987 gegründet. Tony Wakeford hatte zuvor in den beiden rechtslastigen Bands Crisis und später Death In June gespielt und war bei letzterer auch für Schmuck und anderes Merchandise zuständig. Mit "Against The Modern World" legte er 1987 sein erstes eigenes Album vor, das sowohl musikalisch als auch gesanglich fast unerträglich laienhaft klang.

Der Titel dieses frühen Longplayers stand dafür umso eindeutiger für das Programm der Band. Sol Invictus wendet sich gegen den Zeitgeist und propagiert ein heidnisches und traditionelleres Weltbild, als man es heutzutage gewohnt ist. Glücklicherweise konnte sich das Projekt im Lauf der Jahre deutlich von wesentlich nationalistischeren Neofolk-Kollegen distanzieren. Heute steht es für klare, melodiöse Folksongs mit Tony Wakefords eher gewöhnungsbedürftiger, weil äußerst kehliger Stimme als Markenzeichen.

"Thrones" bietet dem Hörer zunächst einmal gewohntes Material im traditionellen Stil der Band. Simple, aber schöne Melodien, Lagerfeuerromantik und akustische Gitarre dominieren die erste Viertelstunde des Albums. Allerdings schleicht sich bald ein neuer, ungewohnter Tonfall ein, spätestens ab Track 3, wo eine Trompete in den Vordergrund tritt. Die Nummer klingt wie entspannter Barjazz und wird nur im Refrain von den typischen Violinen und Gitarren unterbrochen. Im Laufe der Platte setzt sich dieser Stil weiter durch und verleiht dem Album eine interessante und durchaus innovative Note, denn bisher war bei Sol Invictus für solche Crossover-Experimente kein Platz.

Textlich geht es auch auf "Thrones" in gewohnten Bahnen weiterhin um Sonne und Mond, Liebe und Schmerz, den Verlauf und die Melancholie der Jahreszeiten sowie um Krieger und ihre Schwerter. Man bleibt dem Heidentum-Mittelalter-Hybrid treu und erfreut die treue Hörerschaft mit altbekannten Motiven. Die Sehnsucht nach den "good old times" bleibt also weiterhin unverhohlen.

Alles in allem ist dieses Album aber eine positive Überraschung, denn der klassische Folksong wird von Sol Invictus schon seit fast fünfzehn Jahren zelebriert. Erfreulich, daß man sich auch in diesem Genre einmal Neues zutraut und Altbewährtes mit fremden Einflüssen kombiniert. Zusätzlich ist die Platte noch mit einem wunderbaren Cover ausgestattet.Einem angenehmen Hörerlebnis steht also nichts im Weg.

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AHA!
(Anonym, 20.01.2005 00:37)