Halbnacktes Desaster

Ein paar sehenswerte Schauspieler sind alles, was John McTiernans "Rollerball" bieten kann. Die Neuauflage ist um Häuser schlechter als das auch schon reichlich käsige Original von 1975.

Jonathan Cross (Chris Klein, diesmal ohne Apfelkuchen am Pimmel) ist ein junger, hoffnungsvoller Hockey-Spieler. Aber weil er sich im San Francisco des Jahres 2005 den schwerstverbrecherischen Spaß erlaubt, wie wild die Hügel hinunterzurasen (auf einem Skateboard), muß er die USA verlassen. Sein Freund Marcus (LL Cool J) hat auch das optimale Refugium parat: Eine zentralasiatische Republik, wo der sinistre Petrovich (Jean Reno) eine neue, halsbrecherische Sportart groß herausbringt: den Rollerball, wo Motorrad- und Rollerblade-Helden brutal aufeinander einprügeln, um einen Ball in ein Loch zu transportieren. Bälle und Löcher ziehen sich wie üblich als roter Faden durch den Film: Jonathan verliebt sich bald in Aurora (Rebecca Romijn-Stamos, die als "Mystique" in "X-Men" debütierte), die zwar einen Traumkörper, aber eine große Narbe im Gesicht hat (was sie klarerweise "hart" gemacht hat). Aurora tummelt sich, weil bei Rollerball ja alles futuristisch modern ist, gemeinsam mit ihren Kolleginnen und Kollegen in gemeinsamen Duschräumen herum. Das veranlaßte bereits in "Starship Troopers" zum Kopfschütteln, allerdings hält man sich in "Rollerball" frappant an die Keuschheitsstandards der 50er Jahre. So erhält man zwar reichlich Blicke auf Stamos Luxusbody, aber stets entscheidend verhüllt. Der unwiderstehliche Geruch von frischen Erdbeeren liegt also in der Luft, zum Reinbeissen gibt es aber nix. Symptomatisch übrigens für den ganzen Film.

Aber handeln wir kurz die Story ab: Die Rollerballerer treten zu ca. drei Spielen an. Dazwischen gibt es Verfolgungsjagden, jede Menge Foul-Play, dumme Dialoge und miese Bildqualität. Eine wirkliche Handlung sucht man vergebens, ebenso wie auch nur die geringsten Ansätze zu Gesellschaftskritik. Manchmal hat man das Gefühl, einer kleinen Materialschlacht beiwohnen zu dürfen, richtig wahrnehmen kann man dabei aber meist nichts, weil die wilde Herumschneiderei à la MTV-Mist also zukleistert und zu einem undurchsichtigen Bild-, Licht- und Farbengewusel macht. Irgendwie fühlt man sich an das Stallone-Desaster "Driven" erinnert, aber lassen wir das in Gottes Namen.

Also, leider: John McTiernan und seine Stars (Stamos, Reno, Cool J) hätten ein vielversprechendes Gespann sein können. Chris Klein aber, so symphatisch er sein mag, ist hier ein völlig fehlbesetzter Milchbub. Und offensichtlich ist in "Rollerball" schon zu einem sehr frühen Zeitpunkt so ziemlich alles schiefgelaufen. Schwer zu verstehen, daß dieser Film es überhaupt in die Kinos geschafft hat, anstatt an den weitaus kompromißbereiteren Videomarkt verscherbelt zu werden. Aber spätestens seit der letzten Oscar-Verleihung sollte klar sein, daß man bezüglich Hollywood längst mit allem rechnen muß...

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